"Was brauche ich für meinen Auftrag?"
Das Seminar für Ehrenamtliche in der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien (EKR) fand von 3. bis 5. Februar 2017 in Michelsberg statt. Es waren rund zwanzig Teilnehmer aus dem ganzen Land erschienen: aus Kronstadt, Hermannstadt, Arbegen, Deutsch Weisskirch usw. - mehrheitlich Presbyter, Kuratoren, Bezirkskuratoren und Landeskirchenkurator Prof. Friedrich Philippi. - Ein Bericht von Andrea Miron (Zeiden).
Die Veranstaltung wurde von zwei Pfarrern und einer Ehrenamtlichen aus Deutschland – Frau Pfarrer Gudrun Scheiner-Petry, Herr Pfarrer Martin Simon, Frau Heike Bayreuther – geleitet. - Am ersten Abend, nach der Begrüßung und der Vorstellung, gab es eine Diskussion zum Thema “Was ist unser Auftrag als Presbyter-Kirchenvorstehender-Kurator-Ehrenamtliche?”. Hier wurde kurz präsentiert, was die Kirchenvorstände in Bayern bei ihrer Einführung versprechen und was die Presbyter, Kuratoren etc. unserer Kirche beim Entgegennehmen des Amtes versprechen. Als die Runde befragt wurde, ob es so einen Schwur in unserer Kirche in Rumänien gebe, sagten die meisten “nein”. Ich war überrascht da ich wusste, dass es einen gibt und dass dieser vom Pfarrer bei der Einführung gesprochen wird und von den Presbytern bzw. Kuratoren mit einem “Ja, mit Gottes Hilfe” bestätigt wird. Natürlich gab es Unterschiede zwischen dem Text aus Bayern und dem aus unserer Kirchenordnung. Was uns aufgefallen war ist, dass in unserem Text schwarz auf weiß steht: “für Frieden und Eintracht (...), alles ordentlich und ehrlich”. Der Landeskirchenkurator meinte, dies zu erwähnen sei richtig und sogar notwendig. - Der Abend wurde mit einer Abendandacht geschlossen. Ich fand diese Stunde hoch interessant. Für mich war es das erste Mal, dass ich mitpredigen durfte. Und für viele andere auch.
Am nächsten Morgen haben wir mit einer Morgenandacht begonnen. Danach wurde das Thema ”Ein Blick auf das Ehrenamt – Presbyter – Kirchenvorsteher- Kurator” besprochen. Hier wurden wir aufgefordert, in kleineren Gruppen zu arbeiten. Es wurden uns mehrere Fragen gestellt - hier die Antworten:
1. “Was trägt uns?” - die Hoffnung, der Glaube, Gottvertauen, Gewissheit gebraucht zu werden, Vertrauen, Heimat, Geschichte, Erhalt geistiges Erbe, Motivation, innere Kraft, Gemeinschaft
2. “Was haben wir geschafft?” - Einbindung der Familie im Gemeindeleben, Verbindung zu der Landeskirche und zur Heimatortsgemeinschaft, Einheit, Hilfeleistung, Tradition, Arbeit mit Kindern, Aufbau der Diakonie, regelmässige Gottesdienste, Verwaltung der Organisation, Angestellte, Wertschätzung der Ehrenamtlichen
3. “Was läuft gut?” - Zusammenarbeit mit der Landeskirche, Arbeit im Gästehaus, Aktivitäten mit den Jugendlichen, gegenseitige Hilfe, Konfirmandenunterricht, Freiheit des Geistes, evangelischer Kindergarten, Hoffnung auf Partnerschaften mit dem Ausland, Einsatz im Gemeindeleben
4. “Was bereitet uns Kopfzerbrechen?” - Mangelnde Teilnahme am Gemeindeleben, Überalterung der Gemeinde, ehrenamtliche Nachfolger, Erhalt des Kulturerbens, die Zukunft, Individualismus, die Aktuelle Lage, fehlende Pfarrer, Integration der Menschen zwischen 30 und 55 Jahren, materielle Ängste, Probleme wie – “wer kommt zu der Beerdigung?”, was passiert in zehn Jahren
5. “Was haben wir vor?” - Verbesserung der Zusammenarbeit, Verantwortung für Kirchenimmobilien, Kontinuität, Ehrlichkeit, Optimismus, Abgabe an Jüngere, kein(e) Boden/Häuser mehr verkaufen, mehr Gemeinschaft, Sondermitgliedschaften, Erhalt der Kirche, sich überraschen lassen, Nähe zu Gott.
Nach dem Mittagessen und der kurzen Pause besprachen wir ein Thema, welches uns alle beschäftigt: “Wie überzeugen wir die Menschen, am Gottesdienst teil zu nehmen?” Jeder hatte etwas zu sagen, es gab verschiedene Meinungen:
• Wichtig ist, nichts zu erzwingen;
• Man weiss gar nicht, wie sehr die Gemeinschaft fehlt, bis man sie nicht wieder entdeckt;
• Gemeinschaft ist gut, aber man sollte die “Reihen” nicht schließen oder Mauern darum bauen. Neue, die kommen oder etwas Neues einbringen wollen, werden oft ausgeschlossen;
• Worte können großen Schaden antun. z.B. “Die kommt nur um etwas zu essen und Kaffee zu trinken.” - Man sollte so etwas vermeiden;
• Man sollte “Neuen” oder Personen die länger nicht im Gottesdienst waren nicht gleich einen bösen Blick zuwerfen, als ob man sagen würde:” Hast Du Dich erinnert, in die Kirche zu kommen?”
• Es muss mehr Offenheit seitens der älteren Generation da sein, mehr Freude!
Am selben Nachmittag wurden wir gefragt: “Wie kamst Du dazu, Dich ehrenamtlich in der Kirche zu engagieren?“
• Ich wurde gefragt.
• Ich wurde von Ehrenamtlichen angesprochen.
• Ich habe selbst die Initiative ergriffen.
• Familie
• Kirchliche Jugendarbeit
• Freunde
• Meine eigenen Kinder haben mich dazu bewegt.
• Medien
• Notwendigkeit (oft in den kleinen Gemeinden)
Wir wurden danach aufgefordert zu sagen, was wir mitbringen, welches unsere Stärken seien? Dies war ein Thema, welches allen schwer fiel! Soll ich mich selber loben? Tatsächlich sollten wir das tun. Nach längerem Hin und Her kamen auch die Antworten, die wir auf den Boden, auf eine vorgezeichnete Schatztruhe gelegt haben. Und ja, das sind Schätze! Schätze die man schätzen muss, die man schonen und absichern muss. - Der Abend wurde mit einer interessanten Bibelarbeit beschlossen.
Am Sonntag, bevor wir gemeinsam zum Gottesdienst gegangen sind, gab es noch ein Treffen aller Teilnehmer. Besprochenes Thema: “Ein Blick nach vorne” und “Rückmeldungen zum Seminar”.
Für das erste Thema wurden wir in drei Gruppen eingeteilt. In meiner Gruppe wurde Folgendes besprochen: “Was kann man der mittleren Generation weitergeben?”
• Erfahrung
• Kontakte
• Kommunikation
• Bräuche und Sitten
• Gemeinschaft schmackhaft machen: Kirchenkaffe - es wird erlaubt, Freunde mitzubringen
• Regionalfeste organisieren
• Notwendige Vertrauensperson
• Vertrauen
Die Rückmeldungen - sowohl seitens der Pfarrer aus Deutschland, als auch seitens der Teilnehmer - waren sehr positiv! Ich persönlich habe vieles mitgenommen, vieles gelernt und ich bin dankbar, dass ich an diesem Seminar teilnehmen durfte und konnte. Ich habe tolle Menschen kennengelernt, ich habe unglaubliche Geschichten und Erzählungen gehört und ich bin mit vielen Informationen aus Michelsberg nach Hause gefahren. - Gottesdienst haben wir zusammen mit Herr Pfarrer Cosoroabă im Gemeinderaum der Michelsberger Kirche gefeiert. Die Michelsberger Gemeindeglieder hatten wegen uns kaum Platz!
Außer dem, was ich von den Moderatoren und den Teilnehmern mitgenommen habe, gibt es noch etwas, das ich bei diesem Seminar gelernt habe: ich werde das, was wir in Zeiden haben, viel mehr schätzen als zuvor: Dass wir einen Pfarrer haben, das wir wöchentliche Gottesdienste feiern können, das wir wöchentliche Kindergottesdienste gestalten können, das wir einen schönen und großen Gemeideraum haben und vieles Andere!
Andrea Miron / Red.