"Der Herr der Herrlichkeit möchte bei uns einziehen"


Pfr. Dietrich Galter

Die Predigt zum 1. Advent 2020, zum Bibelwort bei Sacharja 9, 9–10, stammt von Pfarrer Dietrich Galter aus Neppendorf, dem ehemaligen Dechanten des Kirchenbezirks Hermannstadt. - Wir wünschen allen Leserinnen und Lesern eine gesegnete Adventszeit!

Gnade sei mit uns und Friede von Gott, unserem Vater und unserem Herrn und Heiland Jesus Christus.

Beim Propheten Sacharja, da heißt es: Du, Tochter Zion, freue dich sehr, und du, Tochter Jerusalem, jauchze! Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einem Esel, auf einem Füllen der Eselin.
 
Liebe Gemeinde,

diese Worte laden uns zum Freuen ein. Du, Tochter Zion, freue dich. Wir warten auf Freude. Denn Freude ist unterwegs. Wem sagen wir das? Sagen wir das den Ärzten, den Krankenschwestern, den Vätern und Müttern, die zu Hause sind und ihre Arbeit versuchen auszurichten, neben den Kindern, die online ihren Unterricht bewältigen müssen? Sagen wir das den Künstlern, die ums Überleben kämpfen? Denen, die im Home-Office kaum noch zurechtkommen? Den Rentnern, die nicht mehr ausgehen dürfen? Freue dich in den Städten, wo die Zahlen in die Höhe schnellen? In die Dörfer, in die Kleinstädte, die nicht mehr ein noch aus wissen? Freue dich, du Tochter Zion.

Die Tochter Zion sah sehr schlecht aus. Sie waren aus der Fremde zurückgekehrt, nachdem Feinde sie besiegt hatten. Alles war nicht mehr so wie früher. Wie sollte es nun weitergehen? Wer kann hier helfen? Die eigenen Kräfte reichen bei Weitem nicht mehr aus. In dieser Zeit wird dieses Wort gesagt: Du, Tochter Zion, freue dich! Und du, Tochter Jerusalem, jauchze! Denn diese Freude ist begründet. Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer. Ein König kommt zu dir? Nun, ich denke, keiner von uns wartet auf einen König, dass er bei uns einkehre. Vielleicht die Länder, die unter Diktaturen zu leiden haben, dass jemand dann kommt, der demokratisch vorgeht und sich um das Wohl der Armen kümmert. Aber wir? Wir versuchen über die Runden zu kommen und hoffen, dass es einmal gut wird. Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer. Arm und reitet auf einem Esel, auf einem Füllen der Eselin. So verkündet es der Prophet Sacharja im Namen Gottes. Er verkündet es den Menschen, die ohne Hoffnung sind, die nicht wissen, was der nächste Tag bringen wird. Denen wird angekündigt, dass ein gerechter König kommt, der wirklich ein ganz anderer König ist. Nicht auf einem prächtigen Ross oder mit einem großen Hofstaat umgeben. Arm und doch bezeichnender: er reitet auf einem Esel, auf einem Füllen der Eselin. Was ist das für ein König, der da kommt? Das werden sich die Menschen damals gefragt haben und sicher auch wir können uns das so gar nicht mehr vorstellen. Die Könige dieser Welt kommen doch in Pracht und Herrlichkeit, mit Macht, die sie demonstrieren. Nein, das Reich hier symbolisiert schon einmal, dass es ein ganz anderer König ist, der da kommt. Ein König ohne Macht und Gewalt, ein König der Ohnmacht. Der aber die Herzen erreicht. Er wird alles zerbrechen, was einen bedroht, was kaputt macht: Denn ich will die Wagen vernichten in Ephraim und die Rosse in Jerusalem, und der Kriegsbogen soll zerbrochen werden. Denn er wird Frieden gebieten den Völkern, und seine Herrschaft wird sein von einem Meer bis zum andern und vom Strom bis an die Enden der Erde. So verkündet es Sacharja weiter. All das, was Leben bedroht oder Menschen unterdrückt, das soll zerbrochen werden und weggenommen werden. Und er wird Frieden gebieten. Seine Herrschaft wird die ganze Erde umspannen, von einem Meer zum anderen und vom Strom bis an die Enden der Erde. So sagt es Sacharja und die Menschen konnten es sich damals nur so vorstellen. Wie diese Botschaft damals ankam, das können wir uns nur in Gedanken vorstellen. Sicher haben einige gesagt: „Naja, lass uns in Ruhe mit deiner Hoffnung und mit deiner frohen Botschaft.“ Andere haben gesagt: „Ja, vielleicht ist doch etwas Wahres dran.“ Auf jeden Fall ist es wahr geworden. Denn die Christenheit hat diese Worte auf Jesus bezogen, der dann tatsächlich in Jerusalem einzog auf einem Esel reitend. Die Menschen und die Kinder sind ihm entgegengelaufen und haben „Hosianna!“ gerufen: „Hosianna dem der da kommt im Namen des Herrn!“

Ihr Lieben, was der Prophet Sacharja verkündet hat, ist eine Verheißung. Damit unterscheidet er unsere Möglichkeiten von den Möglichkeiten unseres himmlischen Vaters. Unser Handeln motiviert sich aus einer Hoffnung auf eine Kraft, die unsere Möglichkeiten übersteigt. Das befreit. Das gibt Hoffnung. Unsere Möglichkeiten sind begrenzt, aber Gottes Möglichkeiten eben nicht. Das gilt es in dieser Adventszeit nun noch einmal zu bekräftigen. Gott hat sich auf den Weg gemacht zu uns, zu jedem von uns in seiner besonderen Situation. Und diese frohe Botschaft bringt Freude, bringt Hoffnung, bringt Zuversicht. Die Bibel erzählt immer wieder vom Ankommen dieses Königs in der Welt. Sie erzählt von dem, der Frieden lebt, der verzichtet auf Gewalt, auf Macht und auf Stärke. Der in unsere Armut hereinkommt, der bei uns Wohnung nehmen möchte. Macht hoch die Tür, die Tor macht weit, so haben wir es gesungen. Der Herr der Herrlichkeit möchte bei uns einziehen. Auch hier in dieser kalten Kirche mit einem kleinen Lichtlein, das zu wärmen versucht. Gott will bei uns einkehren, in unsere Herzen. Er will unsere Verzagtheit, aber auch unsere Bequemlichkeit, unsere Mutlosigkeit in Freundlichkeit umwandeln:

Komm, o mein Heiland Jesus Christ,
meins Herzens Tür dir offen ist.
Ach zieh mit deiner Gnade ein;
dein Freundlichkeit auch uns erschein.
Dein Heilger Geist uns führ und leit
den Weg zur ewgen Herrlichkeit.
Dem Namen dein, o Herr,
sei ewig Preis und Ehr. 

Amen.

Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsre Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.