"Setz dich hin und nimm wahr!"
Einen ganz herzlichen Gruß allen am Ostersonntag: „Der Herr ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden!“ Mit diesem Gruß grüßt euch heute der Bischof der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien (EKR), Reinhart Guib. Der Gruß verbindet uns über zehn Jahrhunderte mit den Christen von damals bis heute weltweit. Dazu gilt der Wochenspruch: „Christus spricht: Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle.“ (Offenbarung 1,18)
Wir stimmen mit den Betern dieser Welt ein in die Worte des 118. Psalms:
Der Herr ist meine Macht und mein Psalm und ist mein Heil. Man singt mit Freuden vom Sieg in den Hütten der Gerechten: Die Rechte des Herrn behält den Sieg! Die Rechte des Herrn ist erhöht; die Rechte des Herrn behält den Sieg! Ich werde nicht sterben, sondern leben und des Herrn Werke verkündigen. Der Herr züchtigt mich schwer; aber er gibt mich dem Tode nicht preis. Tut mir auf die Tore der Gerechtigkeit, dass ich durch sie einziehe und dem Herrn danke. Das ist das Tor des Herrn; die Gerechten werden dort einziehen. Ich danke dir, dass du mich erhört hast und hast mir geholfen. Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, ist zum Eckstein geworden. Das ist vom Herrn geschehen und ist ein Wunder vor unsern Augen. Dies ist der Tag, den der Herr macht; lasst uns freuen und fröhlich an ihm sein.
Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar und von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Lied: „Christ ist erstanden“, Evangelisches Gesangbuch Nr. 66
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Das Wort der Heiligen Schrift für den Ostersonntag finden bei Markus im 16. Kapitel:
„Als der Sabbat vergangen war, kauften Maria Magdalena und Maria, die Mutter des Jakobus, und Salome wohlriechende Öle, um hinzugehen und Jesus zu salben. Und sie kamen zum Grab am ersten Tag der Woche, sehr früh, als die Sonne aufging. Und sie sprachen untereinander: Wer wälzt uns den Stein von des Grabes Tür? Und sie sahen hin und wurden gewahr, dass der Stein weggewälzt war; denn er war sehr groß. Und sie gingen hinein in das Grab und sahen einen Jüngling zur rechten Hand sitzen, der hatte ein langes weißes Gewand an, und sie entsetzten sich. Er aber sprach zu ihnen: Entsetzt euch nicht! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier. Siehe da die Stätte, wo sie ihn hinlegten. Geht aber hin und sagt seinen Jüngern und Petrus, dass er vor euch hingeht nach Galiläa; da werdet ihr ihn sehen, wie er euch gesagt hat. Und sie gingen hinaus und flohen von dem Grab; denn Zittern und Entsetzen hatte sie ergriffen. Und sie sagten niemand etwas; denn sie fürchteten sich.“ (Markus 16, 1-8)
Liebe österliche Hausgemeinde!
Botschaften, die Menschen Zittern und Entsetzen bringen, haben wir vorerst wohl satt!
Im Februar: die Nachrichten aus China von einer wütenden und Menschenleben fordernden Epidemie!
Im März: die täglich zunehmenden Horrorbotschaften von Tausenden, wegen dem Coronavirus verstorbenen und sterbenden Menschen; von Westeuropa bis Osteuropa, aus dem Fernen Osten über den Nahen Osten bis in den fernen Westen, Amerika! Seit vier Wochen ist Ausnahmezustand mit strengem Ausgehverbot in Rumänien!
Im April: nun die definitive Nachricht: Die Gottesdienste der Karwoche und der Festgottesdienst zu Ostern können nicht wie gewöhnlich stattfinden! Und ein weiterer Monat Ausnahmezustand wird angekündigt! Und nun auch noch diese biblische Botschaft, die von Zittern und Entsetzen erzählt und das schon beim ersten Osterfest überhaupt!?!
Wie geht’s uns dabei? Wir selbst sind ja mittendrin in der Krise; mit unserem Glauben und unserem Unglauben. Mit unserer Angst, ob unser und unserer Lieben Leben in Gefahr ist? Mit unserer Sorge um die uns anvertrauten älteren Menschen! Mit der Ungewissheit, wie es Freunden und Verwandten und denjenigen, die unterwegs sind, denn geht? Mit dem Zweifel, ob die Regierungen angemessene Entscheidungen treffen? Mit unserer Verunsicherung, wie wir mit der - nun anders rinnenden - Zeit umgehen sollen! Mit der bangen Frage: Wie lange währt das alles noch und wie wird unser Leben danach aussehen?
In dieser, von Zittern und Entsetzen heimgesuchten Welt, in unserer heutigen Realität, sieht Gott nicht tatenlos zu. Er setzt etwas dagegen. Genauer, Einen dagegen: „Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten!“ So weiß es der Evangelist Markus zu berichten. Auf dem Weg zum Kreuz setzten Jesus selbst Angst und Sorge, Ungewissheit und Zweifel, Verunsicherung und bange Fragen unerbittlich zu. Sein Glaube an Gott, an den barmherzigen und liebenden Vater, wird hart geprüft. Seine Liebe zum himmlischen Vater beweist er durch seinen Gehorsam, den Weg des Kreuzes zu gehen. Seine Liebe für uns Menschen lässt ihn sogar das Wertvollste, sein Leben, hingeben. Das bewegt Gott. Er lässt es Ostern werden. Er schenkt Auferstehung! Er schenkt neues Leben! Einen neuen Anfang! Das heißt aber nicht: Er lässt von nun an bittere Nachrichten nicht mehr zu! Oder: Er bläst alles Schreckliche weg! Oder: Er verschont uns sogar vor heilsamen Erzittern und Entsetzen! Nein! Das heißt: Christus ist nicht mehr draußen im Grab vor Jerusalem zu finden. Er ist unterwegs durch Raum und Zeit. Unterwegs nach innen, in die Herzen der Menschen, in unsere Häuser und Wohnungen. Dorthin, wo eine oder einer lebt und sich einsam fühlt und betet. Wo wir als Familie eng beisammen und füreinander empfänglich sind. Er ist unterwegs in die Isolationsräume und Quarantänestätten, in denen Menschen hilfsbereit und selbstlos für andere sorgen. In die Krankenhäuser, in denen aufopfernd verarztet und geholfen wird, inmitten von Leiden und Sterben. In die virtuellen Regierungssitzungen, wo die besten Lösungen zum Schutz des Lebens gesucht werden. Dorthin ist der Auferstandene unterwegs, dort wo wir zu finden sind!
Es ist jetzt die richtige Zeit, um uns hinzusetzen und wahrzunehmen, was Gott uns sagen will: Die Bibel, das Gesang- und Gebetbuch freuen sich hervorgeholt zu werden. Der ganze Tag kann ein Fürbittgebet sein. Andere Menschen freuen sich über einen Anruf, wie ich mich selbst über einen freue. Über das Internet, die Post oder das Telefon bringen der Pfarrer und die Organistin den Gottesdienst ins Haus. Unter 0040-373-783050 ist ein Telefonseelsorger für Dich und mich erreichbar. Endlich ist mir die Zeit für ein dickes Buch geschenkt! Donnerstag 15.15 Uhr kommt die Sendung in deutscher Sprache auf TVR1 und Sonntag 10.30 Uhr der Gottesdienst auf ARD oder ZDF via Fernsehen ins traute Heim. Die Zeitungen, ADZ und HZ oder auch die Siebenbürgische Zeitung, warten auf mich im Postlädchen. Ich sehe und höre von vielen kreativen und einsatzfrohen Initiativen der christlichen Nächstenliebe und Hilfe. Ich lerne Vertrauen, dass andere auch an mich denken und sie das Gute, Gesundheit und Leben für mich wollen. Ich erfahre Gemeinschaft auf eine bewusste, neue, andere Art. Ich weiß mich verbunden mit vielen Menschen im Glauben, in der Liebe und in der Hoffnung. Das alles und noch viel mehr macht mich dankbar.
Ich erkenne nach und nach: Christus verwandelt unser Zittern und Entsetzen mit seiner Auferstehung und mit seiner Botschaft: „Ich bin auferstanden und bei Dir!“ Er verwandelt die Furch in Gelassenheit, denn wir sind in seinen Händen geborgen. Er verwandelt sie in innere Freude, denn er ist bei mir und bei Dir. Er hilft uns diese Zeit nicht nur zu überstehen, sondern sie sinnvoll mit ihm, füreinander und für uns selbst zu nutzen. Er lädt mich und Dich ein, einzustimmen in den Osterjubel: Der Herr ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden! Gesegnete Ostern!
Amen.
Lied: EG 78 „Ich sag es jedem, dass er lebt“
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Wir wollen miteinander im Gebet vor Gott treten!
Himmlischer Vater, ich sage Dir Lob und Dank, dass Du Jesus am dritten Tage auferweckt hast und nicht dem Zittern und Entsetzen und auch nicht dem Tod das letzte Wort überlassen hast. Ich preise Dich, dass ich Dich anbeten kann, mit allem was mich bewegt, wo immer ich bin: heute in meinem Kämmerlein, vor einem Monat in der schönen großen Kirche und so Du Dich Deines Kindes annimmst bald in freudiger Gemeinschaft der Geschwister im Glauben, die ich nun besonders wertschätze.
Mit meinem Glauben und Unglauben, Angst und Sorge, Ungewissheit und Zweifel, Verunsicherung und bange Fragen teile ich die Situation von Milliarden von Menschen weltweit. Vergib, dass ich Dich und Deine Schöpfung, Deinen Sohn und die heilsame Botschaft von der Auferstehung und dem neuen Leben zu wenig beachtet und gepflegt habe. Lass mich die Zeit nutzen, die Du mir nun schenkst um zu mir als Gotteskind, zu Dir meinem Retter und zu meinen Mitmenschen zurückzufinden.
Erbarme Dich über Deine leidende und seufzende Menschheit. Lass das Gute und das Leben triumphieren. Verwandle diese Plage in Segen und schenk Deiner Welt neues Leben und mir ein offenes Herz für Deinen Sohn Jesus Christus, der allein aus Gericht und Hölle retten kann.
Vaterunser …
Wir stellen uns unter den Segen Gottes:
Der Herr segne uns und behüte uns. Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig. Der Herr erhebe sein Angesicht auf uns und gebe uns Frieden.
Amen.