Was haben Sie mitgenommen, Frau Pfarrerin?


Dekanin Birgit Hamrich (Bild: Privat)

Sie wurde in Rumänien ordiniert, hat als Pfarrerin gearbeitet, ist dann in ein anderes Land umgezogen. Birgit Hamrich erzählt, was ihr kostbar geworden ist und was sie auf ihren Lebensweg mitgenommen hat. Sie tut das anlässlich der 30 Jahre Ordination von Frauen in der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien.

Der 1. Dezember ist mir durch meine Ordination zu einem wichtigen Tag geworden. In diesem Jahr werden es 25 Jahre, seit jenem ganz besonderen Gottesdienst in der Hermannstädter Stadtpfarrkirche.

Es ist das Zutrauen meiner Familie und meinen damaligen Kirchengemeinden in Nordsiebenbürgen, in Bistritz und den umliegenden Dörfern, das mich damals bestärkt hat und immer noch begleitet. Rückblickend ist mir deutlich geworden, mit welch großer Selbstverständlichkeit mir diese Menschen begegnet sind: „Unsere Frau Pfarrerin“ und wie gegenseitiges Vertrauen daraus gewachsen ist. Bereichernd war, dass ich damals auch im ökumenischen Kontext mit der katholischen, reformierten und orthodoxen Kirche auf eine große Offenheit traf. Was für ein wertvolles Geschenk! Mit diesem Rückhalt konnte ich gelassen negativen und abweisenden Äußerungen entgegentreten, die mir in meiner Anfangszeit innerhalb der EKR begegnet sind.

Bischof Dr. Christoph Klein hatte anlässlich meiner Ordination als Predigtwort den Verkündigungsauftrag des Auferstandenen an Maria Magedalena aus dem Johannesevangelium gewählt. Diese theologische Legitimation, dieser Zuspruch und Anspruch: „Geh und verkündige!“ ist zum Leitwort meines Wirkens geworden.

Dieses Wirken innerhalb der Evangelischen Kirche A.B. hat nur eineinhalb Jahre gedauert. Und dennoch habe ich aus meiner biografischen Prägung des Pfarrhauses, als Pfarrfrau und Pfarrerin einer Minderheitenkirche, als erst einmal einzige Frau im Pfarramt erfahren und verinnerlicht, dass eine Existenz jenseits von Mehrheiten möglich ist. Dass diese Existenz ihre Bedeutung und vielmehr ihre Berechtigung hat. Die theologischen Bilder vom Salz der Erde oder der Wirkung des Sauerteiges, dem Senfkorn erinnern daran.

Ich bin sehr dankbar, dass sich Frauen im geistlichen Dienst in den meisten evangelischen Kirchen der Welt nicht mehr für Ihr Wirken rechtfertigen, erklären oder sogar entschuldigen müssen. Dafür braucht es Menschen, Frauen und Männer, die sich in ihrer Unterschiedlichkeit respektvoll begegnen.

Zur Zeit bin ich Teil einer Kirche, die sich in einem radikalen Transformationsprozess befindet, die einen signifikanten Mitgliederschwund und Rückgang der Ressourcen zu verzeichnen hat. Es ist ein schmerzhafter und kräftezehrender Prozess. Es ist ein Prozess, den die EKR durchlaufen hat. Zu wissen, dass Kirche Jesu Christi jenseits von Zahlen wirksam ist, dass Gottes Geistkraft ermutigt, stärkt und verbindet vor allem in sich verändernden Zeiten, bedeutet mir sehr viel und hilft, mich den Herausforderungen zu stellen und auf dieses Wirken zu vertrauen.

Reihe "Was haben Sie mitgenommen, Frau Pfarrerin?" von Elfriede Dörr