"Lass mein Licht leuchten durch dich!"


Pfr. Heinz Galter (1926-2019)

Im August diesen Jahres wäre der ehemalige Neppendörfer Pfarrer Heinz Galter 95 Jahre alt geworden. Der frühere Dechant des Bistritzer Kirchenbezirks verstarb am 14. August 2019. - In der folgenden Andacht aus dem Jahr 2007 teilt uns Pfarrer Galter sen. seine Gedanken zu Matthäus 5, 16 mit.

"Jesus Christus spricht: Lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen." (Matthäus 5, 16)

Bei einem Kirchentag soll es sich zugetragen haben: Das große Fußballstadion war übervoll bei dem Schlussgottesdienst am Abend. „Jeder soll Streichhölzer mitbringen“, stand in der Einladung, und dann erlosch bei der Predigt plötzlich das Flutlicht. Völlige Dunkelheit breitete sich aus. Da rief der Prediger: „Bitte zündet jeder ein Streichholz an!“ Und die über 60 000 brennenden Hölzchen erhellten plötzlich für Sekunden das riesige Stadion.

Das Licht hat eine wunderbare Eigenschaft: Es muss leuchten. Ob es das Licht eines Autoscheinwerfers ist oder einer Lampe, unserer lieben Sonne oder auch das Licht eines Fixsterns, der 40 Millionen Lichtjahre entfernt ist: Das Licht muss leuchten, sich selbst sichtbar machen.

Freilich, wir können eine brennende Kerze auch unter einen Scheffel stellen, doch dann werden wir kein Licht im Haus haben, denn wir haben das Licht behindert, seine Leuchtkraft eingeengt.

„Lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen!“ Dies schöne Jesuswort soll uns durch den hellsten Monat des Jahres begleiten und zum Nachdenken anregen. Mit gehen plötzlich viele Gedanken durch den Sinn.

Zunächst einmal dies: Was meint Jesus wohl mit „eurem Licht“? Eine Kerze an sich hat kein Licht. Es muss sie erst ein brennendes Streichholz berühren, dann flammt sie auf. Ob es mit uns nicht so ähnlich ist? Erst muss der, der von sich sagt: „Ich bin das Licht der Welt!“, etwas in uns anrühren, damit dann auch in uns etwas aufflammt, brennt und leuchtet. So war es doch bei den Aposteln, den Propheten und bei allen Gottesmenschen, von denen die Bibel erzählt. Und so ist es geblieben bis zum heutigen Tag.

Und hier wird für mich die fundamentale Bedeutung des dritten Glaubensartikels sichtbar: Ohne die Kraft des Heiligen Geistes gleichen wir unseren toten Planeten, die erst dann zu leuchten beginnen, wenn Sonnenstrahlen ihre Oberfläche treffen. „Euer Licht“ ist darum eigentlich „sein Licht“, das durch uns andere Menschen erreichen möchte.

Und dann steht hier weiter: „...dass sie eure guten Werke sehen.“ Gute Werke waren und sind in allen Religionen eine heilige Pflicht aller, die zu ihrem Kreis gehören. Doch Martin Luther konnte nicht genug gegen alles menschliche Tun predigen, das uns vor Gott „angerechnet“ werden könnte. In unserer „werkgerechten“ Welt jedoch, die sich mit allen Kräften bemüht, Menschen dazu zu bringen, „Gutes“ zu tun, wird es täglich sichtbarer, dass diese Bemühungen scheitern.

Denn vielleicht ist es damit so wie mit dem Licht: Die Lampe muss leuchten, weil ein guter Strom durch sie fließt. Und dann wird ein freundliches Wort, ein lachendes Gesicht, ein hilfreiches Beispringen oder auch ein Gottesdienstbesuch am Sonntag zu solch einem „guten Werk“, das andere sehen können.

Das Wichtigste aber steht am Schluss: „Damit sie euren Vater im Himmel preisen.“ Das also möchte Jesus erreicht haben: Dass andere über dem, was sie an uns sehen, zum Preisen unseres himmlischen Vaters gelangen. Das Gotteslob ist der Zielpunkt, die Ausrichtung, das Höchste und auch das Letze: Alle Welt lobe den Herrn, den Vater Jesu Christi, der uns mit seinem Heiligen Geist belebt und beschenkt, so dass wir dann unsere geplagte Welt im Licht Gottes sehen. Darauf soll alles hinauslaufen, in solches Lob alles münden.
Mir geht jetzt ein Wort von Albert Schweitzer durch den Sinn: „Ein freundlicher Blick durchdringt die Finsternis wie ein Sonnenschein.“

Und der Bürgerrechtler und Baptistenprediger Martin Luther King hat einmal gesagt: „Finsternis kann keine Finsternis vertreiben; das gelingt nur dem Licht.“ Und Papst Paul I. hat das Wort geprägt: „Nicht die Gewalt, sondern die Liebe vermag alles.“

Dass wir alle Dich, unseren himmlischen Vater preisen, dahin möchtest Du, Herr, uns Menschen bringen. Leicht fällt uns das gar nicht, denn wir sind geplagt mit unserm Menschsein, unseren Problemen und Sorgen, mit Unfrieden in der Welt und den düsteren Prognosen, die uns täglich über Zeitungen und Nachrichten bedrängen.

Auch möchten wir unsere Nächsten und Liebsten ganz anders haben, als sie es wirklich sind. Doch Du, Herr, sagst zu mir: Lass mein Licht leuchten durch dich, das genügt, und darauf lege ich meinen Segen, für dich und auch alle andern.

(Erschienen in den Kirchlichen Blättern, Juli 2007)