7. Diakonietagung voller Emotionen


Auf großes Interesse stieß die 7. Diakonietagung mit einem nicht ganz einfachen Thema. Bild: Andrea Judith Krempels

Die siebte Diakonietagung, Anfang April, in Scholten/Cenade beschäftigte sich mit einem nicht alltäglichen Thema, das aber jeden von uns eines Tage treffen wird. Es handelt sich um das Sterben und die Sterbebegleitung aus diakonischer Sicht und Erfahrungen aus dem diakonischen Umfeld. Im ersten Teil ging es vor allem um die theoretischen Grundlagen, im zweiten dann um die Umsetzung und den Austausch der Teilnehmer - in diesem Fall vor allem Teilnehmerinnen.

Unter den Teilnehmenden waren Pfarrer, Personen aus der Kirchenleitung und Sozialassistenten verschiedener diakonischer Einrichtungen aus Karlsburg, Bukarest, Fogarasch, Hermannstadt Kronstadt, Reps und Mühlbach. Als Gastgeber hat das Ehepaar Lazar, das die Leitung des Peter und Pauls Altenheim seit nunmehr 25 Jahren inne hat, im Kultursaal für einen reibungslosen Ablauf der Tagung gesorgt.

Nach der Begrüßung und Andacht durch Bischof Reinhart Guib und der Vorstellung der Teilnehmer konnte mit dem ersten Teil des Vortrags begonnen werden: Sterben und Sterbebegleitung aus diakonischer Sicht. Der Referent, Dr. Thomas Pitters, Gastprofessor des Theologischen Institutes, Diakoniewissenschaftler und Pfarrer i.R. (Deutschland und Österreich), hat bei den Teilnehmern für großes Interesse gesorgt, zumal die Thematik weder in der medizinischen noch in der sozialen Ausbildung wenig Beachtung erfährt.

Die Sterbebegleitung hat als Grundsatz die palliative Unterstützung. Sie geht auf die Idee der Hospize zurück, deren erste Gründung 1967 in London, bei der interdisziplinäre Hilfen den Sterbenden begleiteten: Schmerztherapie durch ärztliche Unterstützung und geistige Hilfe durch die christliche Seelsorge. „Dem Leben nicht mehr Stunden geben, sondern den Stunden mehr Leben!“.

Die Basis diakonischer Arbeit ist Gott zu dienen. Ohne den christlichen Glauben als Basis könnte man auch das „Rote Kreuz“ um Hilfe bitten. Allerdings geht es um die christlichen Werte, die die Diakonie ausmachen. Die diakonische Sterbebegleitung unterstützt durch schmerzlindernde Therapien als auch (und) auf emotionaler und spirituellen Ebene. Die Essenz ist: im Gegenüber das Antlitz Gottes zu erkennen.

Der Tod ist ein Prozess und wird aus dem Blickwinkel der Soziologie, Medizin und Jurisprudenz gesehen. Der diakonische Blickwinkel ist dazwischen. Er bedarf einer Position zwischen Professionalität und Emotionalität. Sterbebegleitung aus diakonischer Sicht hat immer den Sterbenden im Blickpunkt und dessen Lebensqualität. In keinem Fall gehört die aktive Sterbehilfe dazu. Die steht im Gegensatz zur diakonischen Ethik!

Zwischen den Referatseinheiten hat Erika Klemm, Migrationsbeauftragte unserer Landeskirche, die die Organisation dieser Tagung innehatte, durch musikalische Begleitung zuerst am Klavier dann auf der Flöte für den entsprechenden Rahmen bei diesem sensiblen Thema gesorgt.  Für weitere Auflockerung sorgte sie durch die Verteilung von Motivationssternen und durch Schokoladen-Marienkäfern brachte sie die Zuhörer dazu, miteinander ins Gespräch zu kommen.

Im zweiten Teil des Vortrags ging es um Erfahrungen und praktische Hinweise für die Sterbebegleitung im diakonischen Umfeld. Theologe Pitters schöpfte aus seinem umfangreichen Wissen und seiner Erfahrung als Klinischer Seelsorger, Gesprächstherapeut und zuletzt Leiter im Diakoniewerk Gallneukirchen.

Im Sterbeprozess durchlebt der Mensch mehrere Phasen wie Ignoranz, Ablehnung, Depression, Verhandlung und letztlich die Akzeptanz des Sterbens. Die diakonische Arbeit begleitet in diesen schwierigen Lebensabschnitten und hilft so gut es geht. Dabei ist Ruhe, Empathie und auch ein Stück Gelassenheit sehr wichtig. Die Verbindung zum Menschen reißt auch nach seinem Ableben nicht gleich ab.

Ein Gebet sprechen, eine Kerze anzünden und ein Vater Unser sprechen nach dem Eintritt des Todes, sind einige Beispiele, wie man diakonisch begleiten kann. Die eigene Bearbeitung des Erlebten sollte mit einem Geistlichen, den Kollegen oder auf therapeutische Art begleitet werden, denn nur wenn es dem Helfenden selbst gut geht, kann er für andere in deren schweren Stunden hilfreich sein und sie im diakonischen Sinne begleiten.

Am Ende der Tagung konnten Anliegen Herausforderung und Synergien besprochen werden. Moderiert durch Dr. Holger Lux, Leiter des Blauen Kreuzes, berichteten die Teilnehmer aus ihrem Arbeitsumfeld. Es gebe kaum Fachkräfte und dadurch komme es zur Mehrbelastung. Ein interessantes Phänomen schilderte eine Teilnehmerin: Altenpflegerinnen aus dem Ausland kehren zurück nach Rumänien und seien direkt einsetzbar, was sehr begrüßt wird, zumal man früher jahrelang in die Schulung des Personals investiert hatte und dies dann abgewandert sei.

Die Altersstufe der zu Betreuenden sei höher als noch vor zehn Jahren. Ungefähr 80 Prozent der Bevölkerung am Land sei 80 Jahre alt und älter und die wenigsten könnten sich einen Heimplatz leisten. Die Zusammenarbeit mit den Behören (DAS-direcția de asistență socială) funktioniere meist gut. Gleichzeitig klagen einige Teilnehmer über die hohen administrativen Herausforderungen.

Ein Knackpunkt seien die Ansprüche der Angehörigen, wenn Familienmitglieder ins Heim müssen. Sie sind sich oft nicht einig und es müsste sowohl rechtlich als auch medizinisch Einigung darüber geben, wie man bei einem akuten Krankenhausaufenthalt beispielsweise vorgehe. Einige Einrichtungen seien nicht akkreditiert, machten aber eine hervorragende Arbeit.

Eine funktionierende flächendeckende ambulante Pflege gebe es nach wie vor nur sporadisch in einigen Städten Rumäniens. Leider verliere man viel Zeit im Strassenverkehr. Selbstfinanzierungen der verschiedenen Anbieter erfolgen durch eigene kleine Handwerkseinrichtungen: Fahrradreparatur, Bäckerei, Essen auf Rädern und Mieteinnahmen.

Nach dem Reisesegen konnte das Altenheim „Sf. Petru si Pavel“ und einige Bewohner besucht werden. Sie machten einen munteren Eindruck und waren über den Besuch erfreut. Der letzte Höhepunkt des Tages war der Besuch der Kirche, die man vom blumenbewachsenen Innenhof entlang der Kirchenmauer erreichen konnte. Sie wird nicht mehr für Gottesdienste genutzt, sondern diese finden im Altenheim statt. Mit einem spontan angestimmten „laudate omnes gentes“ in der Kirche beschlossen die Teilnehmer diese gelungene und durchaus auch emotional gestimmte siebte Diakonietagung.

Andrea Judith Krempels