Bräuche und Traditionen: Adventssingen in Michelsberg


Die Michelsberger Burg im Winter

Das Adventssingen an der Michelsberger Burg findet an jedem Adventssonntag zur Weihnachtszeit statt. Der Brauch ging während des Zweiten Weltkrieges verloren, wurde danach verboten und löste sich mit Ende der Bruder- und Schwesternschaften in den 1950er-Jahren auf. Knapp 50 Jahre später, im Jahr 2000 wurde das Adventssingen, es wird auch Burgsingen genannt, auf eine Idee des Michelsberger Presbyteriums hin wieder aufgenommen.

Die Älteren, die sich aus ihrer Kindheit noch erinnerten, welche Lieder gesungen wurden, setzten sich gemeinsam mit den Jugendlichen zusammen. So wurden die Lieder auch früher schon an die nächste Generation weitergegeben. In der alten Zeit gab es feste Regeln: Bestimmte Lieder, wie zum Beispiel "Stille Nacht, Heilige Nacht" wurden niemals beim Burgsingen und dafür nur beim Turmsingen an Heiligabend gesungen. Dass diese Regeln bestehen blieben, war der alten Generation wichtig. Die Jugendlichen waren dennoch selbstbewusst genug zu entscheiden, welche Lieder aus dem alten Kanon sie singen möchten und welche nicht.

Früher sangen nur die schon konfirmierten Jungen. Um sechs Uhr abends versammelten sie sich am Burgaufgang und sangen an einem Sonntag zur einen, am nächsten Sonntag zur anderen Dorfhälfte hin. Danach marschierten sie geordnet in Vierer- oder Sechserreihen zur Dorfmitte und sangen dort noch ein Weihnachtslied.  Heute, das ist eine Neuerung, singen auch die Mädchen, die meist in der Überzahl sind. (Wie ein Michelsberger sagt, klingt es heute aber eigentlich schöner als früher...). Jeden Sonntag im Avdent singen sie von den Stufen der Burg etwa fünf Weihnachtslieder. Im Michelsberger Heimatbuch finden sich 14 Burglieder, die zu dieser Gelegenheit gesungen wurden. Auch heute ist immer "Ein Kind gebor'n zu Bethlehem" dabei. Weitere Burglieder sind "Freuet euch ihr lieben Christen, freuet euch von Herzen sehr" oder:

1. "Schalle Jubel, schalle laut,/ Preiset diesen Tag ihr Chöre,
nur euer Lob erfüllt die Sphäre,/ Schalle Jubel, schalle laut.

2. Dankt ihr Völker, dankt dem Herrn,/ danket ihm in frohen Chören,
dass es Erd' und Himmel hören./ Dankt ihr Völker, dankt dem Herrn.

3. Dankt ihm, der aus ewiger Nacht,/ aus den Irrtums Finsternissen,
mächtig uns herausgerissen./ Dankt ihm, der aus ewiger Nacht.

4. Mensch, dein Jubel bringt dir Dank./ Preis und Ehre, frohe Lieder,
tönen alle Welten nieder./ Mensch, dein Jubel bringt dir Dank."


Julia Jürgens (http://traditionen.evang.ro, Mai 2010)

  • Siehe auch: "Michelsberg am Silberbach", Heimatbuch einer deutschen Gemeinde in Siebenbürgen, Aalen 2005, S. 420 ff