Der Schritt in eine andere Welt: Kiew und Prekmurje am Horizont der EKR


Der neue Bischof der DELKU mit Familie, Pfarrerschaft und Ökumene (Foto: DELKU)

In den letzten Jahren spricht die Evangelische Kirche A. B. in Rumänien (EKR) immer wieder davon, dass sie sich von einer Volkskirche zu einer Diasporakirche gewandelt hat. Aber wo wird das sichtbar? Nur an den kleinen Mitgliederzahlen? Das wäre zu wenig, denn es muss sich auch etwas im Selbstverständnis ändern.

Und das Selbstverständnis ist noch immer sehr deutsch geprägt, da es durch die gemeinsame Sprache und die vielen Verwandtschaften relativ einfach ist, in den Gliedkirchen der EKD sichtbar zu sein und gehört zu werden. Doch damit wird der Status als - kleingewordene -Volkskirche lediglich weiter geführt. Weit schwerer ist es, sich als lutherische Minderheitskirche zu definieren und sich auf ein Leben in Mittel- und Osteuropa einzulassen.

Die Teilnahme der EKR – durch Stefan Cosoroabă - an zwei Bischofseinsetzungen in Nachbarkirchen zeigt, dass wir durchaus einen Platz in diesem regionalen Setting haben und unsere Gaben und Fähigkeiten (z.B. über ZETO) einbringen können.

Am 30. 11. 2019 fand die Amtseinführung  von Pawlo Schwartz zum Bischof der DELKU (Deutsche-Evangelische Lutherische Kirche in der Ukraine), in der Kirche St. Katharinen in Kiew statt. Eine Amtsübergabe vom vormaligen Bischof Sergei Maschewski gab es (leider) nicht. Die Kirche hat eine Spaltung zu beklagen, in dessen Sog die sowieso kleinen Gemeinden drohen, zu Grunde zu gehen. Gerade deswegen auch war die große internationale ökumenische Teilnahme ein Zeichen der Solidarität mit der DELKU und ihem neuen Bischof, in der Hoffnung eines Neuanfangs.  In liturgischer Farbigkeit trafen sich in Kiew Bischöfe und Kirchenvertreter von Sibirien bis Polen, von der Bayerischen Partnerkirche zur gesamten EKD (Evangelische Kirche in Deutschland), von der GEKE (Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa) bis zum LWB (Lutherischen Weltbund). Dieses Zeichen war umso notwendiger, da die kleine Kirche lokal in der Öffentlichkeit keine Beachtung findet, was an der Abwesenheit von Vertretern des Staates oder auch der Orthodoxen Kirche sichtbar wurde.

Anders am 1. 12. 2019 in Murska Sobota (Prekmurje, Slowenien), wo das Amtskreuz in geordneter Weise von Geza Filo an den neuen Bischof Leon Nowak weitergegeben werden konnte, obwohl ein Schritt nach hinten nie leicht fällt. In der übervollen Kirche, in der auch der letzte Stehplatz besetzt war, fanden sich neben Gemeindegliedern aus der ganzen Prekmurje auch die höchsten Vertreter der slowenischen Glaubensgemeinschaften ein: der päpstliche Nuntius von Slowenien, der orthodoxe Mitropolit von Zagreb und Ljubljana, der leitende Mufti, der Vorsitzer der protestantischen Freikirchen. Die Vertreter der lutherischen Nachbarkirchen durften ihren Segen über den neuen Bischof sprechen. Die ganze Zeit der Feier über waren der slowenische Staatspräsident Borut Pahor und Premierminister Marjan Sarec anwesend. Demzufolge gab es auch einen massiven Medienandrang aber erstaunlicherweise eine sehr gelassene Sicherheitssituation. Ganz anders steht somit die Evangelische Kirche A.B. in Slowenien (rund 12.000 Mitglieder) da, als ihre Schwesterkirche in der Ukraine. Dass der Reformationstag hier Staatsfeiertag ist, ist ein weiteres Indiz der gesellschaftlichen Stellung der Kirche.

In diese fremden Welten einzudringen ist bereichernd und hilft die eigene Situation zu reflektieren, die eigenen Gaben und Aufgaben zu würdigen. Der Schritt weg von dem exklusiven deutschen Sprachraum bringt natürlich nicht nur sprachliche Schwierigkeiten mit sich sondern durchaus auch Kontraste der Mentalität und der Frömmigkeit. Aber es ist zugleich ein Schritt der uns wegbringt von dem bedauernden „Früher waren wir…“ hin zu der neuen, inspirierenden Gemeinschaft, zu der wir geographisch seit langem gehören.