Ein Rückblick auf die Geschichte der Frauenarbeit der EKR


Jubiläumsempfang der Frauenarbeit am 2. April in Hermannstadt

Mit einem festlichen Empfang beging die Frauenarbeit (FA) der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien (EKR) am 2. April 2016 ihr zwanzigjähriges Gründungsjubiläum. Vertreterinnen aus allen Kirchenbezirken und aus vielen Gemeinden sowie Gäste aus dem Ausland fanden sich zu diesem Anlass im Festsaal des Bischofspalais ein. Im Folgenden der "Rückblick über die Geschichte der FA" von Vorstandsmitglied Prof. Ilse Philippi:

Wir halten die heutige Jubiläumsversammlung im Festsaal des Bischofshauses ab. Außer den bereits begrüßten Gästen und Anwesenden möchte ich noch an die Reihe von 21 „Gemäldegästen“ erinnern, und zwar die 21 Gemälde ehemaliger Bischöfe unserer evangelischen Kirche Siebenbürgens, die hier in diesem Festsaal von den Wänden auf uns herabsehen. Von den 14 fehlenden Bischofsbildern ist eines, das unseres ersten Bischofs, Paul Wiener (1553-1554). In seiner Biografie lesen wir, dass er unter dem Reformator der Crain (Slowenien)  vom katholischen Priestertum zum evangelisch -  lutherischen    Handeln  übergegangen ist. Er hat geheiratet und als seine Frau starb heiratete er ein zweites Mal. Wegen seinem beharrlichen offenen reformatorischen Bekenntnis wurde er eingesperrt und durch König Ferdinand freigesprochen, musste aber die Crain verlassen und kam nach Hermannstadt als evangelischer Stadtpfarrer, um später zum Superintendenten (Bischof) gewählt zu werden. Ob seine Frau auch mit kam ist der Biografie nicht zu entnehmen. Sie wäre unsere erste „Frau Bischof“.

Sehen wir in den Rückspiegel und ordnen wir das Vergangene, so können wir fünf Bilder bündeln:

1.    Versammlungen, Beschlüsse und Ordnung der kirchlichen FA

Ein Werk landesweiter kirchlicher Frauenarbeit gab es bis her nicht. Auf lokaler Ebene, vor allem in den Städten, gründeten Frauen nach 1990 verschiedene Frauengruppen. Die „Pfarrfrauen“ bildeten eine „Interessengruppe“, die sich regelmäßig traf und einige Zeit auch ein Mitteilungsblatt „Die Brieftaube“ herausgab. Der Weltgebetstag sammelte vor allem sie als erfahrene Multiplikatorinnen. Aber eine kirchliche Frauenarbeit wo Frauen unabhängig von ihrem Beruf oder ihrer Stellung vereint waren, sollte erst durch die Gründung der „Frauenarbeit der EKR“ möglich werden.

Im Dezember 1990 wurde Ilse Philippi, Mitglied des Landeskonsistoriums, als Beauftragte für „Fragen der Pfarrfrauen“ ernannt (LKI, 07.12. 1990). Sie gründete eine Initiativgruppe (Ilse Philippi, Helga Pitters und Elfriede Dörr).
Im Oktober 1994 organisierte die bereits erweiterte Initiativgruppe das erste Treffen mit etwa 50 Frauen.

Unabhängig davon wurde im Dezember 1994 die Frauenordination wieder eingeführt (sie wurde ab 1968 verboten).

Die erweiterte Initiativgruppe organisierte im April 1995 die konstituierende Sitzung (111 Frauen) für die zukünftige FA. Unter Mithilfe anderer Frauen wurden Statuten der FA ausgearbeitet. Diese legten wir im Mai 1995 dem LK zur Beschlussfassung in der LKV vor. Diese beschloss, dass die Frauenarbeit als ein Werk der Kirche anerkannt wird. Sie beschloss weiter, dass wir ein Werk ohne Rechtspersönlichkeit sind, nach Art.116, c der Kirchenordnung.

An der Ordnung der FA haben wir im Laufe der Jahre noch einige Satzungsänderungen vorgenommen, die jedes Mal über das LK durch die LKV besiegelt wurden, so auch kürzlich, als wir die Anzahl der Vorstandsmitglieder auf 5 beschränkten. In den letzten Jahren haben wir den Vorsitz im Turnus von einem Jahr beschlossen. Jährlich haben wir mindestens zwei Vorstandssitzungen abgehalten, einige Jahre hindurch fuhren wir dazu in die verschiedenen Regionen, wohin wir von der dafür gewählten Vorstandsfrau eingeladen wurden. Mit der Gründung der FA der EKR geht auch die Gründung einer Geschäftsstelle einher und die vertragliche Anstellung einer Geschäftsführerin.

In jedem der vergangenen Kalenderjahre haben wir Vertreterinnenversammlungen organisiert, die meisten davon in Hermannstadt.

Hier muss ich aber auch Vorhaben aufzählen, die wir nicht umsetzen konnten:

Wir hätten gerne eine unserer Pfarrerinnen als Frauenbeauftragte der EKR im Anstellungsverhältnis mit halber Norm, aber wir fanden keine. Eher konnten wir eine Geschäftsführerin finden, die heute „Referentin“ heißt. Alle bis her angestellten Geschäftsführerinnen begannen ihre Arbeit bei der FA ohne vorher je in irgendeiner Form damit zu tun gehabt zu haben, was für eine Kontinuität der Arbeit sehr schwierig war.

Wir haben eine formelle Mitgliedschaft nicht vorgesehen. Laut §2,5 unserer Ordnung erfolgt die FA „auf allen Ebenen“. Praktisch aber ist  unsere einzige Gliederung die nach Regionen, wobei der Begriff „Region“ in der Kirchenordnung der EKR nicht verwendet wird. Daraus ergibt sich die Frage nach der Zuordnung der verschiedenen Frauengruppen zur FA der EKR, die bis heute noch nicht verbindlich geklärt ist. Unseren Plan, ein Frauenbegegnungszentrum zu gestalten und zwar in Mediasch- es war 1995 -  im Schullerhaus, konnten wir nicht umsetzen.

Wir sind nicht mehr regelmäßige Teilnehmer  verschiedener Tagungen: von dem europäischen LWB,  Ökumenischen Forum Christlicher Frauen Europas, der KEK u. a.

Wir haben keine Mitgliedschaft im rumänischen LWB – Komitee.

2.    Die Geschäftsstelle der FA

Zunächst  traf sich die Initiativgruppe privat.

Auf mein Ansuchen an das Presbyterium der Kirchengemeinde Hermannstadt stellte uns Stadtpfarrer Hans Klein zwei Räume  am Huetplatz Nr 2 zur Verfügung, die wir erst herrichten mussten. Das geschah in ehrenamtlicher Arbeit einer Rummelsberger Helfergruppe. Hier war auch der Sitz einer kleinen aber feinen Biblio – und  Videothek, wo man neu erschienene Bücher (Videos) aus den Bereichen Frauenliteratur, Altwerden, Krankheit und Meditation ausleihen konnte. Periodika wie „Schritte ins Offene“, „Handreichung“, „Brieftaube“, „Schritte“ und andere aktuelle Materialien von Tagungen lagen aus und wurden gerne gelesen.

Unter Stadtpfarrer Kilian Dörr mussten wir unsere Geschäftsstelle,  unser „Frauennestchen“, räumen und zogen in einen Einzimmer-Raum in die Gh. Lazar-Str. 4. Hier war der Besucherkontakt wesentlich kleiner.
Als das Theologische Institut aus dem Bischofshaus auszog, wurden die Studentenwohnzimmer im zweiten Stock frei und wir zogen 2008 in  einen Zwei-Zimmer – Raum  um, in die Gnral. Magheru nr 4. Hier haben wir einen guten Arbeitsstellen-Kontakt mit dem LK, was für unsere Arbeit sehr wichtig ist, aber es sehen viel weniger Frauen herein, als am Huetplatz 2. Wir dürfen unsere Vorstandssitzungen in einem schönen und für uns angemessenen Konferenzraum abhalten.

3.    Finanzielle Basis

Den Start gab uns die Frauenarbeit der Hannoveranischen Kirche, in dem sie uns die Spende des Dekadegottesdienstes ("Kirchen in Solidarität mit den Frauen" 1988 – 1998) des Jahres 1994 überwies. Das waren 160. 000 DM. Die Auflage war, mit diesem Geld eine strukturierte Frauenarbeit ins Leben zu rufen, die vernetzt und  ökumenisch handelt. Das haben wir auch gemacht. Christa Kuzma die Landesbeauftragte des Frauenwerks der evangelisch – lutherischen  Landeskirche Hannover schrieb dazu: „Möge Gottes Segen auf dieser Gabe und allem, was damit geschieht, ruhen.“ Diese Summe wurde vom Hilfskomitee der Siebenbürger Sachsen verwaltet und wir riefen davon die jeweiligen Teilsummen über die Buchhaltung des LK ab. Nicht ganz glücklich waren wir, darüber, dass sie nicht als FA – Unterkonto   verwaltet wurde.

Wichtige Spenden (Einnahmen) bekamen wir von Privatpersonen, aber auch von kirchlichen Frauenarbeiten aus Deutschland und Österreich, zum Teil auch aus der Schweiz.

Seit einigen Jahren bekommt die FA die landeskirchliche Laetare – Kollekte.
Die Teilnehmerinnen zahlen 30% der Unkosten bei Projektveranstaltungen als Eigenbeitrag.

Viele Ausgaben haben wir erspart, weil wir Sachspenden erhielten (Büroeinrichtungsgegenstände, Verbrauchsbüroartikel u.a.)
Schließlich sei bemerkt, dass alle Projekte in ehrenamtlicher Arbeit von Frauen gemacht werden, die sie vorbereiten und leiten.

Nach 18 Jahren engagierter Frauenarbeit lief der Dekadefond aus. Ab 2012 übernahm die Landeskirche die Auszahlung des vertraglichen Lohnes der Geschäftsführerin (Referentin). Das Landeskonsistorium deckt die Ausgaben unserer Projekte, wenn wir sie rechtzeitig und den Normen entsprechend eingeben.

4.    Öffentlichkeitsarbeit

Zunächst hatte die Öffentlichkeitsarbeit in unserer ehrenamtlichen Arbeit keinen Stellenwert. Nach und nach lernten wir von anderen Vereinen und Gemeinschaften, dass man seine Arbeit nicht unter den Scheffel stellen soll.
Der erste Rundbrief kam 1995 heraus und danach gab es eine Pause.
Heute werden unter der Redaktion der Referentin regelmäßig Rundbriefe herausgegeben, die gerne gelesen werden und unsere Arbeit bekannt machen.
Halbjahresprogramme, Faltblätter machen im Vorfeld auf die Angebote aufmerksam.

Es gibt Internetseiten der Frauenarbeit und des Evangelischen Frauenkreises aus Hermannstadt.

5.    Im Glauben leben

„Aus Glauben leben in Gemeinschaft gestalten“ ist das Motto der EKR für die nächsten Jahre. Fast alle unsere großen laufenden und abgeschlossenen Projekte der vergangenen Jahre – und es sind ja mindestens 20 Jahre – stehen in dieser Absicht. Bei vielen dieser Projekte sind Glaubensfragen und  die Arbeit mit der Bibel ein Schwerpunkt. In Form von Referaten, Bibelarbeiten, Rollenspielen u.a. von einer Laienauslegung bis hin zur Exegese reichen sie. Dazu gehört auch die schöne Kette der WGT-Gottesdienste und deren Vorbereitungen, die eine komplexe Möglichkeit Glauben zu leben und zu handeln, sind. Die Rüst- und Freizeiten für Senioren/Innen, für Pfarrfrauen und Theologinnen, Mutter – Kind Freizeiten, Studientage, Werksstätten zum Schreiben, mit Seidenmalerei, für kreative Textilarbeiten oder für  Weihnachts – Adventsbasteleien,  Brotbackseminare und die vielen Basare der Handarbeitskreise – sind aktive Formen des Zusammenseins von Frauen.
Im Bereich ökumenischer Zusammenarbeit haben wir mehr an ausländischer Vernetzung teilhaben können, als innerhalb des Landes.

Wie aktuell unsere Debatten schon vor 10 Jahren waren,  ist einem Ausschnitt aus meinem Beitrag „Rut und Orpa“ (in: „Neue Brücken oder neue Hürden? Eine Bilanz der Dritten Europäischen Ökumenischen Versammlung EÖV3“; J.Henkel,D.Buda; LIT; 2008; Seite 210) zu entnehmen:

„Nachdem sich nicht nur die west-  sondern auch die osteuropäischen Länder der EU mit dem Phänomen der Migration von Menschen beschäftigen müssen und das Thema auch ein Hearing-Thema war, lag es nahe, die biblische moabitische Ruth als Leitfigur zu wählen (vgl. Rut 1, 14 und 15). Zwar stellte sich in kleineren Gesprächsrunden heraus, dass das Schicksal der Rückwandererinnen, der Efratitin Noomi ins Land Juda und das der Moabitin Orpa, bedenkenswert vor uns stand, weil es in übertragenem Sinn für den Weg vieler Rückkehrer/Innen oder Zwangsrücksiedler/Innen zu deuten wäre. Orpas Geschichte wirft aber vor allem die unausgesprochene Problematik der Zurückgelassenen, der verbliebenen Familientorsos auf. Deren Geschichte ist auch heute weniger spektakulär als die der mutigen und risikobereiten Emigranten.“

Zum Schluss: Es ergibt sich ein weiter Bogen, vom Migranten Paul Wiener und vielleicht auch seiner Frau zum Hier und Heute. Unter diesem Bogen haben Frauen Wesentliches geleistet.

Prof. Ilse Philippi, Vorstandsmitglied der FA der EKR


Abkürzungen:

  • EKR Evangelische Kirche A.B.in Rumänien
  • FA  Frauenarbeit der Evangelischen Kirche A.B.in Rumänien
  • KEK Konferenz europäischer Kirchen
  • LK Landeskonsistorium der EKR
  • LKV Landeskirchenversammlung
  • LWB Lutherischer Weltbund