Feierlichkeiten zu 30 Jahren Frauenordination


Pfarrerin Dr. Elfriede Dörr, Referentin für ökumenischen Beziehungen und der theologischen Ausbildung in der Evangelischen Kirche Augsburgischen Bekenntnisses in Rumänien (Foto: Rareș Helici)

Pfarrerin Elfriede Dörr, Referentin für ökumenische Beziehungen und  theologische Ausbildung, spricht über ihren Weg zur Ordination, auf dem sie gelernt hat, „als Kind Gottes in der Welt zu stehen und meiner Berufung zu folgen“. - Ein Artikel von der Internetseite des Lutherischen Weltbundes (lutheranworld.org).

Pfarrerin Dr. Elfriede Dörr, eine der ersten Frauen im ordinierten Amt ihrer Kirche, blickt auf die Herausforderungen und Freuden der vergangenen drei Jahrzehnte zurück
(LWI) – Die Evangelische Kirche Augsburgischen Bekenntnisses in Rumänien feiert das 30-jährige Jubiläum ihrer Entscheidung, Frauen für den Pfarrdienst zu ordinieren. Ihren Höhepunkt erreichen die Feierlichkeiten im Jubiläumsjahr in der letzten Augustwoche mit einem Dankgottesdienst und anderen öffentlichen Veranstaltungen in Sibiu im Vorfeld der Vollversammlung der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa.

Pfarrerin Dr. Elfriede Dörr leitet die Abteilung für Ökumene und Fortbildung der Kirche. Sie erinnert sich an die vielen Schwierigkeiten, mit denen sie und andere Pionierinnen in der ersten Zeit nach ihrer Ordination als Pfarrerinnen konfrontiert waren. „Ich wurde am 8. September 1996 in Magdeburg in Mitteldeutschland für den Dienst in der Gemeinde Mediasch in Siebenbürgen ordiniert“, erinnert sie sich.

Die Frauenordination war zwei Jahre zuvor beschlossen worden. Dennoch sollte es noch einige Jahre dauern, bis die Kirche bereit war, die erste Frau vor Ort in Rumänien zu ordinieren. „Es war nicht einfach, als ich meinen Dienst antrat“, erinnert sich Dörr. „Ich kam in eine traditionelle Gemeinde, in der das ‚Amt‘ der Pfarrfrau ein sehr starkes war. Ich war mit einem Pfarrer verheiratet, aber ich sah mich nicht nur als Ehefrau mit all den damit verbundenen Rollenerwartungen“.

Die patriarchale Kultur in Frage stellen

Als besonders schwierig empfand sie es, dass es keine Vorbilder oder Weggefährtinnen gab, die sie hätten inspirieren oder unterstützen können. Sie erinnert sich daran, wie sie bei einer Konferenz in Graz (Österreich) eine junge slowakische Pfarrerin kennen lernte, mit der sie sich über ihre Erfahrungen und Herausforderungen austauschen konnte. „Ich erinnere mich gut daran, wie wir in einer Konferenzpause zusammen Eis aßen und ich den Eindruck hatte, dass ich aufatme“, erzählt sie.

Drei Jahrzehnte später resümiert Dörr, dass die internationale Arbeit – unter anderem bei der Konferenz Europäischer Kirchen – ihr viele Gelegenheiten zur Begegnung mit Frauen gegeben habe, die ihr als inspirierende Vorbilder dienten. Oft wird sie an die Bedeutsamkeit ihrer Rolle als Frau im Pfarramt erinnert, wenn Leute kommen und sagen: „Wie du von der Kanzel sprichst, das spricht zu meinem Herzen – Frauen können das!“

Sie weist aber auch auf das „Geflecht theologisch verpackter Abwertung“ hin, dem Frauen immer noch ausgesetzt sind, wenn etwa Bibelstellen dazu benutzt werden, sie zu entwerten und ihnen ihre Gleichwürdigkeit abzusprechen. „Selbst wir Frauen haben diese Kultur so sehr verinnerlicht, dass sie uns normal erscheint und wir sie nicht hinterfragen“, sagt sie. „Umso mehr beeindruckt es mich, wenn Kolleginnen und Kollegen sich gegen diese patriarchalische Kultur stellen“.

Vorbildliche Führungskräfte und Mütter des Glaubens

Um diese Mentalität in Frage zu stellen, weist Dörr darauf hin, wie wichtig es ist, „die historischen Kontexte der Bibelstellen“, die von den Gegnern der Frauenordination herangezogen werden, zu erläutern und „theologische Argumente für die gleiche Würde der Frauen“ vorzubringen. Sie fügt hinzu: „Ich könnte biblische Frauen in Führungspositionen nennen, wie Debora, die Richterin und Prophetin, Prisca, die Lehrerin und Missionarin, und Junia, die als Apostelin bezeichnet wird“.

Den Frauen, die vor solchen Herausforderungen stehen, sagt sie: „Ich möchte sie bitten, sich bewusst in die Tradition der Mütter des Glaubens zu stellen, die Tradition von Schifra und Pua, Lydia und Phoebe, Hildegard von Bingen und Mary Daly, Marlene Wermescher und Dorothea Binder“. In schwierigen Zeiten, so fügt sie hinzu, „ist es wichtig, bei sich selbst zu bleiben und sich von Gott leiten zu lassen, ob in der Stille des eigenen Zuhauses oder im Segen eines öffentlichen Gottesdienstes. Das gibt euch die Kraft, als Kinder Gottes in der Welt zu stehen und eurer Berufung zu folgen“.

Trotz der Herausforderungen sagt Dörr, dass ihre Arbeit ihr „große Freude und Erfüllung“ bringt, vor allem in ihrer Aufgabe, ökumenische und internationale Beziehungen zu fördern und neue Pfarrerinnen und Pfarrer für den Dienst auszubilden. Als Mitglied einer Minderheitskirche in einem mehrheitlich orthodoxen Land verwendet sie das Bild eines Orchesters, um ihre Aufgabe als „Gesicht meiner Kirche“ im internationalen Umfeld zu beschreiben. „Eine kleine Minderheitenkirche im großen Kontext der Ökumene ist vielleicht eine Piccoloflöte, die im ganzen Konzert nicht immer zum Klingen kommt, aber wenn sie es tut, muss sie den richtigen Ton zur richtigen Zeit treffen“.

"Die Ordination von Frauen ist ein unverzichtbares Kriterium für die versöhnte Gemeinschaft von Männern und Frauen in der Kirche."
(Pfarrerin Dr. Elfriede Dörr, Evangelische Kirche Augsburgischen Bekenntnisses in Rumänien)

Eine befriedigende Erfahrung der letzten Zeit war das Entwerfen von Gewändern für Pfarrerinnen mit traditionellen siebenbürgischen Krepeln, eine Art Spangen, die auf das Mittelalter zurückgehen und üblicherweise an der Kleidung männlicher Geistlicher zu finden sind. „In einem ökumenischen Kontext“, erklärt Dörr, „war ich schon immer fasziniert davon, was sich lutherische Frauen aus anderen Ecken der Welt einfallen ließen, um in der Öffentlichkeit als Pfarrerinnen erkennbar zu sein“. Die Gewänder, die sie und ihre Kolleginnen mitentworfen haben, sind gut angekommen. Sie ergänzt: „Die eigentliche Leistung sehe ich darin, ein Signal zu setzen: Wir wollen das traditionelle Amtsverständnis verändern, und dazu stehen wir selbstbewusst, öffentlich und sichtbar“.

Frauen in anderen lutherischen Kirchen, in denen die Ordination noch Männern vorbehalten ist, sagt Dörr: „Nur Mut, Veränderung ist möglich!“ Sie betont: „Dass wir so weit gekommen sind, haben wir dem Lutherischen Weltbund (LWB) zu verdanken“. Es sei wichtig, diesen Weg mit anderen zu teilen. Bei der letzten LWB-Vollversammlung in Polen berichteten polnische Pfarrerinnen über den langen Weg und die vielen Hürden, die es zu überwinden galt, bis die Ordination der Frauen in ihrem Kontext möglich wurde.

„Dort wurde mir klar“, so ihr Fazit, „dass die Ordination von Frauen ein unverzichtbares Kriterium für die versöhnte Gemeinschaft von Männern und Frauen in der Kirche ist, wenn auch bei Weitem nicht das einzige. Man kann es als einen Schritt hin zu Gerechtigkeit und Frieden bezeichnen, wie es in dem schönen hebräischen Wort ‚Schalom‘ zusammengefasst ist“.