"Geben ist eines der freudebringendsten Dinge"
Dieses Mal kommt die Predigt aus dem Burzenland. Pfarrer Uwe Seidner aus Wolkendorf, der seit einiger Zeit auch die Kirchengemeinde von Rosenau (beide Kirchenbezirk Kronstadt) geistlich betreut, hat uns seine Gedanken zwecks Veröffentlichung zur Verfügung gestellt.
Liebe Gemeinde,
Das Predigtwort aus der Apostelgeschichte ist eine Geschichte, die uns zum Nachdenken anregen möchte. Das Wort erzählt uns von der Zeit unmittelbar nach Pfingsten. Wir erfahren von der „Menge der Gläubigen, die ein Herz und eine Seele“ waren: ein Nachdenken und ein Sehnen über das Wesen der Gemeinschaft. Man wollte „ein Herz und eine Seele“ sein. Eine Idealvorstellung, auch für unsere Gemeinden. Weiter wird erzählt, dass die ersten Christen auch ihre Güter teilten. Bei den Israeliten gab es so etwas wie ein Erlassjahr, wo Schulden und Ähnliches erlassen wurde. Mit Pfingsten hat ein großes Erlassjahr begonnen und die Gemeinschaft wurde gestärkt. Als die ersten Christen ihren Besitz mit ihren Brüdern und Schwestern teilten, erfüllte sich also ein Wort aus der Schrift. Die ersten Christen waren das neue Volk Gottes, das neue Israel, in dem sich die Verheißungen des alten Bundes erfüllten.
Auch wird uns nun ein neuer Protagonist der Christenheit vorgestellt: Barnabas wird im Laufe der Geschichte noch eine wichtige Rolle spielen. „Josef aber, der von den Aposteln Barnabas genannt wurde – das heißt übersetzt: Sohn des Trostes -, ein Levit aus Zypern gebürtig. Der hatte einen Acker und verkaufte ihn und brachte das Geld und legte es den Aposteln zu Füßen.“ Im Orient ist es üblich, dass man Menschen je nach ihrem Charakter als „Sohn von jemanden“ benennt. Zum Beispiel, wenn man jemanden beschimpfen möchte, dann sagt man im Orient nicht „du Esel“. Man sagt „du Sohn eines Esels“. Mein Vater hat mir als Kind immer wieder von seinen Erlebnisse auf seiner Studienreise durch das Heilige Land erzählt. Damals waren Besucher im arabischen Teil von Jerusalem eine Seltenheit. Nicht lange her waren die blutigen Konflikte zwischen Arabern und Juden. So kam es immer wieder zu Bekanntschaften vor allem mit Neugierigen Bewohnern. Als er ihnen sich als Walter vorstelle, wussten sie nicht viel damit anzufangen. Aber als er dann begann sich als „Abu Said“ vorzustellen, freuten sich alle. Die Menschen fühlten sich angesprochen. Abu hieß so viel wie, dass er auch Vater sei. Und Said ist eine Art Abwandlung von Seidner.
Nun haben wir im Predigtwort auch ein positives Bespiel. Josef war für die erste Gemeinde so ein inspirierendes Beispiel. Sein Leben war von solch einer Hingabe, Hilfsbereitschaft, Selbstlosigkeit und Großzügigkeit gekennzeichnet, dass er einen neuen Spitznamen bekam: Barnabas, Sohn des Trostes.
Vielleicht haben wir mal Menschen erlebt, die uns zutiefst ermutigen und erbauen können. Nach so einer Begegnung fühlen wir uns wie nach einer guten Erholung.
Von Barnabas ging nun eine Großzügigkeit aus, die wohl von innen heraus nach außen kam. Auch wenn dieses nun in unserer Realität nach einem nicht erreichten Ideal aussieht, so ist es doch ein erstrebenswertes Ideal.
Ihr lieben, der Wert eines Menschen definiert sich nicht durch seinen Besitz, sondern durch seine Bereitschaft, die Nöte seiner Mitmenschen zu erkennen und ihnen abzuhelfen, soweit es ihm möglich ist. In einer Gemeinschaft ist man füreinander da.
Unsere Gemeinden kennen von früher die Nachbarschaften, die diese Liebesdienste am Nächsten sehr treu und nachhaltig geführt haben. Die Nachbarschaften haben heute andere institutionelle Formen angenommen, wie zum Beispiel Diakonie oder andere soziale Einrichtungen.
Ihr Lieben, Geben ist eines der freudebringendsten Dinge, die wir als Christen tun können. Um es zu erlernen, brauchen wir Vorbilder wie Barnabas. Es heißt auch Zeit haben für unsere Mitmenschen, Freunde, Familie, Verständnis zeigen für Bedürfnisse von Menschen, Aufmerksamkeit, Rat und selbstverständlich Gemeinschaft.
Amen.
Und der Friede Gottes, welcher höher ist, als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne, in Christus Jesus. Amen.