Gedächtnis und Studierstube: 20 Jahre ZAEKR


Archivarin Monica Rus (l.) und Dr. Gerhild Rudolf (Bild: zVg)

Was ein Archiv bieten kann, veranschaulichten am 11. Oktober d. J. gegenwärtige und ehemalige Fachleute des Zentralarchivs der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien (ZAEKR) auf der Jubiläumstagung im Hermannstädter Teutsch-Haus. Vor zwanzig Jahren öffnete das ZAEKR seine Türen für das Publikum und führt bis heute eine vielfältige intensive Arbeit zur Bewahrung, Erschließung und Nutzung des schriftlichen Kulturguts unserer Kirche.

Vor einem zahlreichen interessierten Publikum (von der Moderatorin begrüßt als „Gönner, Gäste und Gelehrte“) boten die Referenten Einblicke in die Aufbauzeit des Archivs und die heutige Arbeit.
Unterstaatssekretär Thomas Șindilariu, bekannt für seine Arbeit im Archiv der Kronstädter Honterus-Gemeinde, hatte auch zwei Jahre im ZAEKR gearbeitet, als hier die erste Reihe Findbücher erstellt wurde, und kennt sich auch im Gundelsheimer Archiv des Siebenbürgen-Instituts bestens aus. In seinem Beitrag „Vom Pergament zur Nationalbibliothek. Gedanken zur Rolle der Schriftlichkeit bei den Siebenbürger Sachsen“ zeigte er Parallelen zwischen der „Bibliothek mit Archiv“ in Gundelsheim und dem „Archiv mit Bibliothek“ in Hermannstadt auf und verwies auf die Notwendigkeit kompatibler Datenbanken für eine engere Zusammenarbeit der beiden Institutionen hüben und drüben.

Wie umfangreich die Arbeit des Einsammelns der Pfarrarchive in der Umbruchszeit Anfang der 1990-er Jahre war, illustrierte Dr. Cornelia Schlarb in ihrem Bildbericht. Da sie persönlich an diesen Aktionen teilgenommen hatte und sich auch mit dem Ordnen der Buchbestände im Bischofspalais – dem Grundstock der heutigen Transilvanica-Bibliothek im ZAEKR – befasste, ist ihr Bericht aus erster Hand, der neben der Bilderserie auch als detaillierter Arbeitsbericht vorliegt, ein wichtiger Bestandteil der Entstehungsgeschichte des Archivs.

Was wäre ein Archiv ohne Mitarbeiter? Die drei wissenschaftlichen Archivare des landeskirchlichen Archivs berichteten aus ihren Spezialgebieten. Oberarchivarin Monica Vlaicu, ehemals Leiterin des Staatsarchivs und seit ihrer Verrentung Mitarbeiterin im Kirchenarchiv, betreut hier die Nachlässe von Persönlichkeiten. Über 80 persönliche Nachlässe (und auch einige Vorlässe) bereichern das kollektive Gedächtnis der Siebenbürger Sachsen.

Dr. András Bándi, zurzeit hauptamtlich Dozent für Kirchengeschichte am Studiengang „Evangelische Theologie“ an der Lucian-Blaga-Universität, beleuchtete als Fachmann für alte Drucke eine spezielle Literatursorte: Schreibkalender aus dem 17. Jahrhundert, wobei sowohl die Druckwerke an sich, aber besonders die persönlichen handschriftlichen Eintragungen der ehemaligen Eigentümer der Kalender von kulturhistorischem Interesse sind.

Von Anfang an ist Monica Rus dabei. Sie begann als Hilfsarbeiterin ohne Deutschkenntnisse und ist heute – mit einem Bachelor in Geschichte und einem Master in Kulturgutverwaltung, mit inzwischen sehr guten Deutschkenntnissen (inklusive der Beherrschung der alten deutschen Handschrift) – eine verlässliche Kraft mit einer Fülle von Aufgaben wie Bestandserschließung, Kundenbetreuung, genealogische Recherchen, Erstellung von Bestätigungen (unter anderem bereits rund viertausend Deportationsbestätigungen für die Nachkommen der im Januar 1945 verschleppten evangelischen Deutschen).

Die Archivarbeit wird von Archivverwalter Ing. Hans-Jürgen Binder und dem Magaziner Adrian Morar unterstützt. Ein Großteil der Archivkorrespondenz wird von Teutsch-Haus-Leiterin Dr. Gerhild Rudolf geführt. Die Bibliothek betreut in freiwilliger Arbeit der ehemaligen Landeskirchenkurator Prof. Friedrich Philippi. Da von den obigen Mitarbeitenden nur zwei in einer Vollzeitstellung sind, hofft das Archiv auf eine baldige Ergänzung des Kollektivs durch eine weitere Fachkraft.

Am Nachmittag referierte Dr. Wolfram Theilemann. Der ehemalige Leiter des ZAEKR (bis 2011) ist Leiter des Reichstädtischen Archivs Nordhausen in Thüringen. In seinem philosophisch-theologischen Vortrag „In hoc signo vincemus“ legte er dem Publikum in einem Bündel rhetorischer Fragen „aktuelle Gedanken zum Wegwerfen und Übriglassen“ vor, die der Sinnfrage nachgingen, die ein kirchliches Archiv aufwirft.

Abschließend präsentierte Teutsch-Haus-Leiterin Dr. Gerhild Rudolf aufgrund einer Recherche in der Schriftensammlung der Transilvanica-Bibliothek das Wirken einer starken siebenbürgischen Persönlichkeit vor, die nicht in Vergessenheit geraten soll: „Erika Schuller-Paulas: Neue Gedanken verwirklichen!“

Eine Führung durch das Archiv gehörte ebenfalls zum Tagungsprogramm, das von den beinahe 50 Teilnehmenden als sehr aufschlussreich und spannend wahrgenommen wurde. Hauptanwalt Friedrich Gunesch sprach den Dank des Landeskonsistoriums für die Archivarbeit aus und wünschte dem Zentralarchiv viel Erfolg in diesen herausfordernden Zeiten.

Dr. Gerhild Rudolf