Gerüstet für den Weg


Petra Stöckmann-Kothen, Seelsorgerin im Altenheim Dr. Carl Wolff (Bild: zVg)

Als ich 1987 beim missionarischen Einsatz „Franken 87“ mitgemacht habe, habe ich sehr deutlich den Ruf Gottes gehört, für ihn zu arbeiten. Meine Ausbildung im Seminar für evangelischen Gemeindedienst MBK war offen gestaltet und unsere Bezeichnung nach Abschluss lautet: Gemeindehelferin, damit war man in allen Kirchen der EKD für die Gemeindearbeit anerkannt.

Eindrücklich ist mir unser Abschlussgottesdienst im MBK in Erinnerung. Da ich zunächst nach Rumänien gehen wollte, war es nicht in erster Linie eine Segnung für das Anerkennungsjahr. Unsere Seminarleiterin Frau Völkner predigte über Joh. 15 und unserem Bleiben an Christus. Das war mir immer wieder ein großes Gebetsanliegen an Jesus, dass ich an ihm bleiben möge.  

Da mir oft Zweifel kamen, ob ich die Ausbildung überhaupt schaffen würde, hatte ich mir statt Anerkennungsjahr den freiwilligen Dienst hier in Rumänien organisiert. Hier erfuhr ich eine ganz besondere Wertschätzung, nicht nur von den Menschen für die arbeitete, sondern besonders vom Ehepaar Heubach (ehemaliger Bischof der Schaumburg-Lippischen Kirche).

Esther – eine biblische Frau als Orientierung auf dem Weg

Schon als Kind begeisterte mich Esther. Sie war so mutig, so selbstlos und musste einen sehr großen Glauben haben.  Esther, als Waisenkind, hatte von außen betrachtet natürlich das große Los gezogen. Aber beim genauen Betrachten wünsche ich sowas keinem Mädchen; das Auswahlverfahren am Königshof klingt sehr nach einem Viehmarkt. Sie hatte „Glück“ – im Nachherein weiß man, es war unser himmlischer Vater, der sie bewahrt und geführt hatte, aber erst im Rückblick! – der zuständige Mitarbeiter mochte sie gerne und passte auf sie auf. Und der König mochte sie auch, so dass sie nicht als eine völlig bedeutungslose Nebenfrau enden musste. Ich habe mich oft gefragt, was wohl aus den anderen Mädchen geworden ist, die nicht ausgewählt wurden.

Gerade diese Überlegungen haben mir Esther noch wichtiger werden lassen. Sie hätte nun ihr Leben genießen können… aber sie setzte ihr Leben aufs Spiel, um ihrem Volk zu helfen. Sie ließ sich von Gott gebrauchen, um einen Holocaust zu verhindern. Esther bleibt mir als Vorbild, möge Gott mir etwas von ihrem Mut und ihrer Selbstlosigkeit schenken, damit auch ich mich einsetze, wenn es gefragt ist, für andere Menschen einzutreten, deren Leben bedroht ist.

Mein Weg in der Evangelischen Kirche

Meine ersten Begegnungen mit Hermannstadt hatte ich im September 1991 gemacht, als ich ein freiwilliges Jahr in der Evangelischen Kirche A. B. begann. Man setzte mich im Elimheim und Schülerheim ein. Dem freiwilligen Jahr hängte ich einige weitere Monate an, in denen ich in der Kirchengemeinde Fogarasch mitarbeitete.

Seit September 1995 arbeite ich als Seelsorgerin im Altenheim Dr. Carl Wolff. Diese Stelle bot mir Bischof Dr. C Klein im Herbst 1994 an, als ich in Hermannstadt Freunde besuchte.  Herausfordernd war in den ersten Jahren, dass mir von manchen Amtsträgern ständig gesagt wurde, dass eigentlich ein Hiesiger die Aufgabe übernehmen soll. Ich war ja so angetreten, wenn also dann endlich jemand gefunden würde, würde ich sofort gehen, bis heute!

Als ich die Stelle antrat, gab es in der Kirche noch keine ordinierte Pfarrerin. So wurden mir fürs Heim sämtliche Befugnisse eines Pfarrers gegeben, aber außerhalb gab es Einschränkungen. Gottesdienste mit Segenszuspruch waren ohne Einschränkungen in allen Gemeinden möglich, bei Amtshandlungen wie die Einsetzung des Abendmahls sollte der Bischof informiert werden. Bei den Beerdigungen wurde aus Rücksicht auf die anderen Konfessionen der Dienst auf dem Friedhof immer von einem Pfarrer übernommen. Die Aussegnungsfeier im Heim gehörte zu meinem Dienst. Das änderte sich als Pfarrer Siegfried Schullerus in den Ruhestand ging, da machte Stadtpfarrer Kilian Dörr eine Eingabe an das Landeskonsistorium und mir wurde dann die Erlaubnis erteilt, auch auf den Friedhöfen den Dienst zu tun.

Diakonische Projekte

Ab 1999 wurde ich zu den Helferinnentreffen im Bezirk Hermannstadt eingeladen. Innerhalb dieser Gruppe initiierte ich dann das Projekt Winterhilfe und gemeinsam mit dem Diakoniereferenten Jörg Georgy das Obdachlosenprojekt „Das gute Haus“. Seit Gründung des „Dr. Carl Wolff Verein“ 2004 wurde ich von Landeskonsistoriums in diesen Vorstand entsandt.  Die Winterhilfe gab ich 2022 ab, da ich mehr Zeit für meine Eltern haben wollte.

Gottesdienste

Ich habe viele Gottesdienste gehalten, nicht nur im Bezirk Hermannstadt, sondern auch in Fogarasch (in der Vakanz Zeit 95 / 96), im Mediascher Bezirk und in den Gemeinden um Großpold. Da man mich zu Beginn meines Dienstes ausdrücklich um diese Mitarbeit bat, nahm ich es als meine Arbeit gerne war, das änderte sich aber um eine Zeit – warum wurde mir nicht mitgeteilt – und nach ca. 2 Jahren war es dann mein Privatvergnügen. Bald wurden mir auch die Fahrten nicht mehr von Seiten des LK bezahlt, wie zu Beginn meiner Tätigkeit, so beschränkte ich meine Mitarbeit auf eine Art Tauschgeschäft: wer bereit war, im Heim eine Vertretung zu übernehmen, dem half ich gerne in seinen Gemeinden.

Insgesamt

Mein Amt macht mir große Freude, die Gemeinde Altenheim ist eine sehr lebendige und aktive Gemeinde. Wir können viel Außerordentliches machen – wie Krippenspiel, Osterstück, Weltgebetstag. Es sind immer Bewohner bereit, mitzumachen, sich einzubringen.

Da ich nächsten Jahr meine 30 Jahre Altenheim voll habe, wünsche ich mir einen Menschen, der die wunderschönen Aufgaben übernehmen möchte. Wir könnten gemeinsam einiges gestalten, so dass ich mich langsam herausziehen könnte und es gibt ganz viel, was jemand Neues mit viel Freude und Elan dann auch ganz frisch beginnen kann.

Petra Stöckmann-Kothen

Porträtreihe über Frauen im geistlichen Dienst von Elfriede Dörr