Gespräche über Rettung der Kirchenburgen und Eigentumsrückgabe in Rumänien


Übergabe der offenen Restitutionsfälle an den rumänischen Botschafter in Berlin, von links nach rechts: Pfr. Dr. Stefan Cosoroabă, Pfr. Dionisie Arion, Peter-Dietmar Leber, Bischof Reinhart Guib, Botschafter Emil Hurezeanu, Hauptanwalt Friedrich Gunesch und MdB Dr. Bernd Fabritius. (Foto: Jan Hini / SbZ)

Achthundert unerledigte Restitutionsfälle haben der Verband der Siebenbürger Sachsen und die Landsmannschaft der Banater Schwaben seit November 2015 erfasst. Vier Ordner mit den Erfassungsbögen der Verbandsmitglieder übergaben Verbandspräsident Dr. Bernd Fabritius, MdB, und Bundesvorsitzender Peter-Dietmar Leber am 22. Februar an den Botschafter Rumäniens Emil Hurezeanu in Berlin.

Diese Fälle sollen nun an die Landesbehörde für die Rückgabe des Eigentums (Autoritatea Naţională pentru Restituirea Propietăţii – ANRP) weitergegeben werden, „um Verfahrenshemmnisse zu klären und die Bearbeitung dieser Fälle zu einem möglichst zeitnahen Abschluss zu bringen“, erklärte Dr. Bernd Fabritius auf seiner Webseite. Er empfing gestern im Deutschen Bundestag eine Delegation der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien (EKR) unter der Leitung von Bischof Reinhart Guib, wobei als dringendes Problem die Rettung der Kirchenburgen in Siebenbürgen erörtert wurde.

Zwei mittelalterliche Kirchenburgen der Siebenbürger Sachsen sind innerhalb weniger Tage eingestürzt: am 14. Februar ein Teil des Kirchturms in Radeln und am 19. Februar der ganze Kirchturm und Teile des Kirchenschiffes in Rothbach, beide im Kreis Kronstadt. Bischof Reinhart Guib erläuterte die anstehenden Herausforderungen und wies darauf hin, dass die Evangelische Kirche den Erhalt aller 160 Kirchenburgen nicht alleine stemmen könne, vor allem nicht in kleineren Ortschaften, wo es keine evangelischen Kirchengemeinden mehr gibt. Deshalb sei die Kirche auf Hilfe angewiesen. Die Kirchenburgen in Rumänien seien nationale Denkmäler der Kategorie A und stehen somit auch in staatlicher Verantwortung. Das rumänische Kulturministerium, das einen Notfonds für Denkmäler über fünfzig Millionen Lei (umgerechnet zwölf Millionen Euro) verwaltet, wurde bereits eingeschaltet.

Wichtig sei es, dass neben Notsicherungsmaßnahmen auch die Ursachen der beiden Einstürze erforscht werden: Erdbeben, Straßenvibrationen, Natureinflüsse etc. Dazu seien geeignete Statiker nötig, die im ländlichen Bereich in Rumänien jedoch nur sehr eingeschränkt vorhanden wären. Die EKR habe einen Spendenaufruf gestartet und seit einiger Zeit auch EU-Mittel beantragt, doch seien die Genehmigungsverfahren recht langwierig.

Bernd Fabritius sicherte Bischof Reinhart Guib seine Unterstützung zu. Er werde abklären, ob deutsche Hilfe möglich sei. Dazu habe er bereits mit Prof. Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin im Auswärtigen Amt, und Staatsministerin Monika Grütters, Bundesbeauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, gesprochen. Des Weiteren wurden die Lehrerförderung und Probleme, die durch die Abwerbung des qualifizierten Pflegepersonals in Rumänien entstehen, thematisiert.

Bezüglich der offenen Restitutionsfälle stellte Botschafter Emil Hurezeanu die Kompetenzen klar. Die Eigentumsrückgabe stünde „hoch auf der Agenda der rumänischen Regierung“, deshalb werde die Nationale Restitutionsbehörde seit 2012 direkt vom Premierminister koordiniert, schrieb Hurezeanu dem Bundestagsabgeordneten Fabritius nach dem gestrigen Gespräch im Deutschen Bundestag. Außerdem sei Rumänien „das einzige Land aus dem ehemaligen Ostblock, welches das Prinzip restitutio in integrum anwendet“. Als Botschafter könne er jedoch keinen Einfluss auf die Klärung einzelner Fälle nehmen. Wichtigster Ansprechpartner aller Antragsteller sei nach wie vor die Nationale Restitutionsbehörde (ANRP). Wie in dieser Zeitung berichtet, wurden die Vertreter der Siebenbürger Sachsen und der Banater Schwaben bei einem Treffen mit dem rumänischen Außenminister am 30. Oktober 2015 in München ermutigt, die ungelösten Restitutionsfälle zusammenzufassen und an die Botschaft von Rumänien in Berlin zu schicken.

Siegbert Bruss, Siebenbürgische Zeitung (München)