Im Gespräch mit Elisabeth: "Denn bei Gott ist kein Ding unmöglich"
Für das Jubiläum 30 Jahre Frauenarbeit in der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien, haben Pfarrer in ihrer Klausur Anfang März ihre Andachten zu Frauen in der Bibel gehalten. Biblische Frauenfiguren sind Vorbilder des Glaubens, und das nicht nur für Frauen. Pfarrer Wilhem Meitert nahm das Jubiläum zum Anlass einen Dialog mit Elisabeth, der Mutter des Johannes und Verwandte der Maria, zu führen.
Will: Guten Tag, liebe Elisabeth!
Elisabeth: Guten Tag, lieber Will!
Will: Liebe Elisabeth, für die Klausurtagung der Pfarrer und Pfarrerinnen wurde ich gebeten eine Andacht vorzubereiten.
Elisabeth: Schön!
Will: Ja, und wenn möglich, sollte ich dabei eine Frau aus der Bibel vorstellen.
Elisabeth: Das freut mich.
Will: Liebe Elisabeth, ich dachte, wie wäre es, wenn wir beide im Kreise der verehrten Kollegen ein kleines Gespräch führen würden. Zwar wird daraus keine Spitzentheologie hervorgehen, aber bitte versuchen wir es. Bist du bereit?
Elisabeth: Gut! Doch wie hast du dich gerade für mich entschieden? Es gibt doch so viele andere Frauen in der Bibel.
Will: Zwei Gründe könnte ich nennen: Du bist nun hochbetagt, so hast du gewiss einige wichtige Lebenserfahrungen; dein Glaubensleben hat Bedeutendes zu sagen. Und wenn ich nicht irre, so ist mir aufgefallen, dass deine Person nicht so sehr ins kirchliche Leben einbezogen wurde.
Elisabeth: Das stimmt. Es ist auch mir aufgefallen, dass ich so ziemlich am Rande stehe; auch gibt es kaum Bilder von mir. Welcher Maler beschäftigt sich mit einer Hochbetagten? Maria Magdalena ... ja ... die steht immer wieder im Rampenlicht.
Will: Gut, gut, aber beginnen wir mit dem Anfang. Wie fühlst du dich in der Bibel zu Hause?
Elisabeth: Schon dort beginnt es. Nur Lukas erwähnt mich, das ist schon alles. Die anderen Evangelisten schweigen. Überhaupt im ganzen Neuen Testament hat sich nur Lukas meiner angenommen und auch das nur im ersten Kapitel.
Will: Darüber, liebe Elisabeth, solltest du nicht klagen.
Elisabeth: Ich klage nicht, ich stelle nur fest. Ich werde insgesamt neun Mal mit meinem Namen genannt.
Will: Ich habe auch nachgesehen, und siehe Lukas 1 hat achtzig Verse. Dies ist das längste Kapitel aller Evangelien. Du kommst in einem sehr bedeutenden Kapitel vor. Hier ist alles so perfekt, dass man meinen könnte, Lukas habe diese Schrift selbst aus eigener Vernunft komponiert.
Elisabeth: Nein, nein, bitte bemühe dich nicht weiter auf diesem Wege. Von sich aus konnte Lukas so etwas gar nicht tun. Doch darauf werden wir noch zurückkommen.
Will: Liebe Elisabeth, Kinderlosigkeit wurde als Schmach empfunden. Es war als sei man vor Gott in Ungnade gefallen. Ein kinderloses Ehepaar wurde verachtet und stand in Verdacht, doch nicht wirklich fromm zu sein. Die Schrift jedoch bescheinigt eure Frömmigkeit: "Sie waren aber alle beide fromm vor Gott und lebten in allen Geboten und Satzungen des Herrn untadelig". Es lag demnach nicht an irgendeiner Schuld, dass ihr bis ins hohe Alter keine Kinder hattet. Wie bringst du diese beiden Gegensätze in Einklang? Habt ihr an Gott nicht gezweifelt?
Elisabeth: Wir haben nicht gezweifelt, nicht geklagt, wir sind den gewohnten Weg weiter gegangen, vor allem in unserem Glaubens- und Gebetsleben. Ja, wir haben weiter gebetet, aber nicht in dem Sinne und in der Absicht, dass wir damit Gott zu etwas verpflichten, etwa dass er uns einen Sohn schenken muss. Gott muss nicht, denn er ist allmächtig! Für ihn gibt es kein zu Früh und kein zu Spät. Einen Sohn musste er uns in jungen Jahren nicht schenken. So musste auch Jesus sich nicht beeilen, um den kranken Lazarus vor dem Tod zu bewahren. Das wäre eine große Tat gewesen, doch er vollbrachte eine noch größere, und erweckte ihn nach vier Tagen aus dem Grabe.Wäre Gott allmächtig, dann müsste er seinen Sohn spätestens vom Kreuz herabnehmen, um ihn zu retten, würde man meinen. Das ist nicht geschehen, sondern das größte Werk hat Gott durch die Auferstehung seines Sohnes vollbracht.
Will: Liebe Elisabeth, was möchtest du über Lukas 1 noch sagen?
Elisabeth: Ja, hier wird sehr deutlich, dass Gott durch seinen heiligen Geist wirkt und wie er wirkt. Da ich vom Heiligen Geist erfüllt wurde, erkannte ich wer die Frucht ist, die aus Marias Leib hervorgehen wird.
Johannes der Täufer, mein damals noch ungeborener Sohn, der den Menschen den Weg zu Gottes Sohn vorbereitet, wird schon im Mutterleib vom Heiligen Geist erfüllt.Da Jesus, der Sohn Gottes vom Heiligen Geist gezeugt wird, ist er das Heilige, das geboren wird. Hier handelt es sich nicht um Steigerungen der Ebenen auf denen Gott durch seinen Geist wirkt, sondern es ist ein Geschehen, das in die göttliche Vollendung mündet.
Will: Ist das Wirken Gottes durch seinen Geist nicht ein Wunder?
Elisabeth: Nein, für mich gibt es keine Wunder. Es gibt nur das Wort Wunder und zwar für Dinge oder Geschehnisse, die man nicht erklären kann. Nun heißt es ebenfalls in der Mitte bei Lukas 1: "Denn bei Gott ist kein Ding unmöglich". Also alles, was geschieht, ist einfach das Werk Gottes.
Will: Wenn es kein Wunder gibt, gibt es dann auch kein Geheimnis?
Elisabeth: Über ein Geheimnis weiß man nicht alles, aber sehr viel.Gott ist das größte Geheimnis! Und so weiß man über ihn das Meiste. Ja, nicht alles, aber alles, was er über sich offenbart. "Unser Wissen ist Stückwerk". Das ist auch in der Schrift aufgezeichnet.
Will: Noch etwas zu Lukas 1?
Elisabeth: Wenn Gott durch seinen Geist so große Werke vollbringt, dann hat er auch dem Lukas die rechten Worte eingegeben. Ja, ich sagte, dass ich nur bei Lukas vorkomme. Der Heilige Geist hat unser Gespräch mitgehört und hat mir gesagt: "Elisabeth, es genügt mit Lukas, durch ihn habe ich über dich alles gesagt was zu sagen ist, lass es dir an ihm genügen".
Will: Liebe Elisabeth, du hast es mir leicht gemacht, bei dir ist alles so einfach, unkompliziert und logisch.
Elisabeth: Warum soll es denn kompliziert und unlogisch sein? Kommt das Logische nicht vom Logos?
Will: Liebe Elisabeth, noch eine letzte Frage, ich weiß, dass du auch diesmal positiv und optimistisch antworten wirst. Der erste Teil einer Predigtperikope handelt über den Besuch Marias bei dir. Im zweiten Teil ist der Lobgesang der Maria. Viele Prediger beschäftigen sich fast ausschließlich mit dem Lobgesang Marias, stört dich das?
Elisabeth: Nein, wenn die Predigt sonst gut ist, nicht. Unlängst habe ich eine siebenbürgische Predigt gelesen und dort werde ich zusammen mit Maria mit frohen Verkündigungsworten erwähnt: "Unser Bibelwort handelt von der Freude zweier Frauen. Zwei schwangere Freundinnen begegnen sich und teilen ihre Freude über das in ihnen wachsende Leben. Die Freude dieser beiden Frauen ist aber nicht nur auf ihre Schwangerschaft begrenzt, sondern sie greift darüber hinaus, denn Christus wird die Erlösung der Menschheit vollbringen indem er den Tod überwindet." (H. B. Fröhlich: Lichtblicke 2012)
AMEN!
Wilhelm Meitert ist Pfarrer in Großpold, Reußmarkt, Urwegen, Gießhübel, Weingartskirchen, und Gergeschdorf, Dobring, Rätsch und Kelling.