"Immer hat Gott uns einen Weg zurück offen gehalten"
Die schriftliche Predigt zum 6. Sonntag nach Trinitatis, den 19. Juli 2020, hat uns Pfrn. Hildegard Servatius-Depner aus dem Mediascher Kirchenbezirk zur Verfügung gestellt. Sie hat bei Gottesdiensten in Baaßen und Sankt Martin zu dem Bibelwort 5. Mose 7, 6-12 gepredigt.
„Denn du bist ein heiliges Volk dem HERRN, deinem Gott. Dich hat der HERR, dein Gott, erwählt zum Volk des Eigentums aus allen Völkern, die auf Erden sind. Nicht hat euch der HERR angenommen und euch erwählt, weil ihr größer wäret als alle Völker – denn du bist das kleinste unter allen Völkern, sondern weil er euch geliebt hat und damit er seinen Eid hielte, den er euren Vätern geschworen hat. Darum hat er euch herausgeführt mit mächtiger Hand und hat dich erlöst von der Knechtschaft, aus der Hand des Pharao, des Königs von Ägypten.
So sollst du nun wissen, dass der HERR, dein Gott, allein Gott ist, der treue Gott, der den Bund und die Barmherzigkeit bis ins tausendste Glied hält denen, die ihn lieben und seine Gebote halten, und vergilt ins Angesicht denen, die ihn hassen, und bringt sie um und säumt nicht, zu vergelten ins Angesicht denen, die ihn hassen.
So halte nun die Gebote und Gesetze und Rechte, die ich dir heute gebiete, dass du danach tust.
Und wenn ihr diese Rechte hört und sie haltet und danach tut, so wird der HERR, dein Gott, auch halten den Bund und die Barmherzigkeit, wie er deinen Vätern geschworen hat.“ (5. Mose 7, 6-12)
Liebe Brüder und Schwestern!
Diese Worte, die wir gerade aus dem 5. Buch Mose gehört haben, waren an Israel gerichtet, und das vor rund 3 ½ Tausend Jahren! Es geht hier um den Bund Gottes mit seinem auserwählten Volk Israel. Trotzdem können auch wir Christen heute eine ganze Menge aus diesen Versen entnehmen!
Zuerst dieser Gedanke: Auch uns, d.h. dich und mich, hat Gott erwählt! Schon vor unserer Geburt ist das gewesen. Denn nicht wir haben uns ja das Leben gegeben, eigentlich auch nicht unsere Eltern. Aus Gottes Wollen und seinem Segen sind wir alle hervorgegangen.
Gott hat auch mit uns einen Bund geschlossen. Denken wir an unsere Taufe, oder vielleicht sogar an die Konfirmation. Wir sind in einem christlichen Land geboren und leben in einem solchen. Gott hat uns schon in unserer Kindheit und Jugend seinen Willen gezeigt und das Angebot seines Bundes gemacht!
Wir kennen die 10 Gebote. Wir haben alle von Jesus gehört, von seinen Worten und dass er für uns ans Kreuz gegangen ist. Wir haben durch ihn erfahren, dass Gott nicht ein unbarmherziger Richter, sondern ein gütiger Vater ist. Damit wissen wir genug.
Auch uns hat Gott „herausgeführt und erlöst“. Für die Israeliten war es damals die Sklaverei in Ägypten – bei uns mag es eine schwere Zeit, eine Not oder Krankheit gewesen sein. Für Gottes Volk bedeutete es den Beginn des Lebens in einem neuen schönen und fruchtbaren Land, das Gott ihm verheißen hatte – wir wurden zum Glauben an Jesus Christus und die Gnade Gottes befreit.
So, wie Gott Israel seine Treue versprochen und gehalten hat, so macht er es auch mit uns. Und was er dafür von uns erwartet, ist dasselbe, was er damals von seinem Volk haben wollte: wir sollen ihn lieben und seine Gebote halten.
Liebe Brüder und Schwestern,
alles klingt bis jetzt sehr vernünftig und schön. Aber hart klingen die Worte, wenn wir nun erfahren, was den Menschen geschieht, wenn sie Gottes Bund brechen: Gott „vergilt ins Angesicht denen, die ihn hassen, und bringt sie um und säumt nicht, zu vergelten ins Angesicht denen, die ihn hassen.“
Aber wir wissen es: Nach kurzer Zeit hat das auserwählte Volk andere Götter angebetet und wollten dazu wie andere Völker einen König haben. Später haben sich gerade die Könige Israels immer wieder von Gott abgewandt und sind vom Glauben abgefallen. Darum ist auch die Strafe für den Bruch des Bundes nicht ausgeblieben und so sind immer wieder Feinde über Israel hergefallen, haben es unterdrückt, Menschen getötet, das Land verwüstet und den Rest des Volkes in die Gefangenschaft geführt. Es ist wahrhaftig eingetreten: Gott hat das Volk bestraft, weil es von ihm abgefallen ist. Und mit unserer Vernunft können wir es doch auch verstehen – Gottes Strafe ist gerecht.
Schauen wir noch einmal nach dem Bund Gottes mit uns. Vorher aber wollen wir noch drei wichtige Gedanken bedenken:
1. Gott ist nicht nur der Vater seiner Menschen, er ist auch der Schöpfer! Bildlich gesagt: Er ist der Töpfer, der uns geformt hat und wir sind nur der Ton in seiner Hand! Aber die Menschen haben das immer wieder vergessen! Dann haben sie sich verhalten, als hätten sie sich selbst das Leben gegeben. Oder im Bild des Töpfers gesprochen: Sie haben sich verhalten, als hätte sich der Ton selbst zum Gefäß gemacht!
2. Niemals hat Gott ohne vorherige Warnung seine Strafe über das Volk gebracht! Immer wieder hat er seine Propheten gesandt, dass sie die Menschen zurückrufen zu Gott, dass sie sie an den Bund erinnern und ihnen sagen, was der rechte Glaube ist. Gott ist also nicht gleich hart gewesen, wie wir vielleicht zuerst dachten.
3. Und nun vielleicht der wichtigste, aber sicher auch der tröstlichste Gedanke: Selbst nach der schlimmsten Strafe gab es immer wieder einen Neuanfang! Wenn ein König sterben musste – hat sein Sohn das Reich und die Macht ererbt und durfte von Gott gesegnet regieren. Als das Volk deportiert wurde – kehrte ein Rest aber zurück und baute den Tempel Gottes wieder auf und lebte viele Jahrzehnte unter Gottes Gnade.
Also niemals war die Strafe für immer, endgültig! Niemand ist aus dem Bund Gottes für immer gefallen. Seine Treue ist größer als alle Bosheit und alle Auflehnung der Menschen gewesen!
Liebe Schwestern und Brüder,
schauen wir nun nach uns selbst. Wie sieht es aus mit dem Bund Gottes mit uns? Oder anders ausgedrückt: Wo stehen wir in unserer Beziehung zu Gott? – Das ist immer eine sehr persönliche Frage gewesen und jede und jeder muss sie selbst beantworten. Trotzdem, ein paar Hilfen, um zu dieser persönlichen Antwort zu gelangen, können wir schon aus den Versen entnehmen, die wir heute gehört haben: Auch wir sind aus Gottes Schöpferhand hervorgegangen.
Nichts sind und haben wir aus uns selbst. Mit unserem Kopf, mit unserem Verstand verstehen wissen wir das ja auch. Aber wir kennen, genau wie das Volk Israel und die Menschen vor 3 ½ Tausend Jahren, sehr gut, dass wir auch schnell dabei sind, uns selbst zum Töpfer zu nennen. Dann sagen wir „Ich habe etwas aus mir gemacht.“ oder so „Es geht mir gut, und das ist allein mein Verdienst; ich habe schließlich hart gearbeitet.“ oder „Der andere, dem es schlecht geht, ist ja doch selber schuld – nur er allein!“ Dabei gibt es ein Sprichwort, und wir kennen es gut: „An Gottes Segen ist alles gelegen!“
Auch Propheten, die uns warnen, hat Gott uns immer wieder geschickt. Es gibt immer wieder Menschen, die uns ehrlich sagen, was sie von unserem Hochmut halten, wenn wir betonen, dass alles, was wir sind und besitzen, „unserer Hände Arbeit“ ist. Oder Propheten können auch die Menschen sein, die uns mit ihrer eigenen Dankbarkeit für alle guten Gaben Gottes daran erinnern, dass auch wir alles nur aus der Gnade Gottes empfangen.
Manchmal kommt auch von Gott selbst ein Ruf oder ein Wink zur Umkehr, z.B: wenn uns ein Leid oder eine Krankheit an unsere Grenzen führt und manchmal darüber hinaus –dann können wir nicht mehr sagen, dass wir die Gestalter unseres Schicksals wären. Durch solche schwere Momente finden wir vielleicht wieder zur Demut und zur Einsicht, wer unser Leben eigentlich in der Hand hält!
Immer hat Gott uns einen Weg zurück offen gehalten oder neu geöffnet! Er war uns doch weiter treu geblieben und hat uns immer wieder eine Gelegenheit gegeben, auch ihm die Treue neu zu halten. Das sagt uns, dass wir aus Gottes Segen nicht fallen können, es sei denn, wir selber entfernen uns von ihm.
Gehen wir am heutigen Sonntag nach Hause mit den Worten der guten Verheißung Gottes in den Ohren, wo es heißt: “So sollst du nun wissen, dass der HERR, dein Gott, allein Gott ist, der treue Gott, der den Bund und die Barmherzigkeit bis ins tausendste Glied hält denen, die ihn lieben und seine Gebote halten ...”
Amen.