Mission aus Angst darf nicht sein


Pfarrer Johann Zey (Foto: Gerhard Servatius Depner)

Das Landeskonsistorium der EKR und ZETO hatten gemeinsam nach Bukarest eingeladen. Das Ziel des Treffens beschrieben Landeskirchenkuratorin Dr. Carmen Schuster und ZETO-Direktor Pfr. Gerhard Servatius-Depner in ihrer Einladung kurz und knapp. In den Strukturprozessen der EKR werde immer wieder auf die Notwendigkeit hingewiesen, missionarisch zu wirken. Aber bislang sei das Wort „Mission“ lediglich eine leere Projektionsfläche, die jeder und jede nach eigenem Geschmack und Glauben füllen konnte. Das sollte anders werden. Die gemeinsame Basis wollte gefunden werden.

Bukarest, 14.-16.11.2024

Mit dieser Absicht trafen sich in den Räumen der Bukarester Kirchengemeinde knapp 20 Geistliche und Laien der EKR.  Bischofsvikar Dr. Daniel Zikeli begrüßte als Hausherr alle und berichtete von den Arbeitsgruppen 1 und 2 des Landeskonsistoriums, die diesen runden Tisch angestoßen hatten. Besonders erfreulich sei, dass Vertreter der Partnerkirchen aus Württemberg, Berlin und Sachsen angereist waren, um bei Analyse und Klärung mitzuhelfen.  

Der Ort der Begegnung war gut gewählt: Alle Anwesenden waren für zwei und einen halben Tag dem Alltag enthoben. Keiner konnte und wollte nebenbei noch dringend etwas erledigen. Alle waren voll dabei. Das Leben in der Großstadt tat das ihrige. Das spiegelte sich in der Offenheit der Gespräche wider. Als Start des Nachdenkens diente die GEKE-Missionsschrift „Evangelisch Evangelisieren“. Von ihr aus ergab sich der Impuls, den jeweiligen Kontext deutlich mitzubedenken. Für die gesellschaftliche Situation in Rumänien heißt das:  Muss ich überhaupt in einer religiös gestalteten Gesellschaft missionieren? Ist das denn nicht sofort Proselytismus? Wollen wir mehr eingeschriebene Mitglieder oder ist das Ziel eher die Lebensbegleitung von Menschen, die sich für die evangelische Botschaft öffnen? Und wie können winzig kleine protestantische Diasporakirchen überhaupt in so einem Milieu arbeiten?

Best Praxis in Osteuropa

Der Runde Tisch war auf die Praxis ausgerichtet. Deswegen sollte am Ende, als konkretes Ergebnis, auch ein eigener „Missionskodex“ geschrieben werden, war doch allen jener des ökumenischen Rates der Kirchen (Busan 2013) bekannt. Zum Ziel führten Vorstellungen von Praxisbeispielen und deren Reflexion. Für diese Beispiele hatte ZETO drei missionarisch Aktive aus drei unterschiedlichen Minderheitensituationen eingeladen.  Zuerst sprach Pfarrer Linards Rozentals aus Riga, als Beispiel von Mission im säkularisierten Umfeld. Tornakalna, die von ihm betreute Kirchengemeinde hat sich von einer knapp überlebenden Gemeinde der Sowjetzeit zu der größten evangelischen Gemeinde des Baltikums gewandelt. Ein Weihnachtsgarten mit über zehntausend Besuchern, oder aber die Gedenkstätte für sogenannten Engelskinder sind nur einige der Beispiele aus dem Gemeindealltag. Pfarrerin Elina Braz de Almeida, eine finnische Missionarin, die in der evangelischen Gemeinde Kutina (Kroatien) arbeitet, stellte dar, wie man junge Menschen in Römisch-Katholischem Umfeld für den Glauben motiviert. Sie machte deutlich, wie wichtig die eigene Person bei missionarischer Arbeit eine Rolle spielte. Menschen müssen zu dem, der sie ruft, Vertrauen haben. Schließlich kam der baptistische Metropolitanbischof von Tbilissi, Malkhaz Songulashvili zu Wort, der über den Einsatz für Frieden zwischen den Religionen berichtete.  Seine weltweit bekannte Kirche, die Friedenskathedrale, bringt regelmäßig Menschen miteinander ins Gespräch. Christen, Juden, Schiiten, Sunniten, Sufi sowie Jesiden schaffen es, respektvoll Grenzen zu überschreiten. Das alles geschieht im orthodoxen Kontext. Diese Praxisbeispiele wurden anschließend reflektiert. Diesen Dienst leisteten an den Anwesenden Christoph Lehmann (Württemberg), Vlado Kmec (Berlin) sowie Tilmann Popp (Sachsen). Dass es nach diesen Beispielen viel zu fragen und zu besprechen gab, muss gar nicht mehr dargestellt werden.

Mission soll nicht aus Angst heraus geschehen

Dieser einprägsame Satz von Bischof Malkhaz aus dessen „Theologie der Schönheit“, hat alle überzeugt. Schon im Ansatz liegt die Unterscheidung. Nicht die Angst vor sinkenden Zahlen, fehlendem Nachwuchs, knappen Finanzen oder Verlust von gesellschaftlicher Relevanz darf Antriebskraft zur Mission sein. Das ließ nachdenklich werden, da innerhalb der EKR genau diese Sorge vor dem kleiner werden das Thema in den Vordergrund gebracht hatte. Erfolgreiche Mission kommt hingegen aus der Überzeugung, dass wir als christliche Kirchen evangelischer Prägung der Gesellschaft etwas Wichtiges weitergeben können, was sie sonst nicht hätte. Stellt Euer Licht auf den Leuchter!

Überraschend war zudem, dass sich alle darin einig waren, dass auch für eine kleine Diasporakirche der Dienst am Evangelium nicht nur nach innen, in die eigenen Kirchengemeinden, gehen soll, sondern auch nach außen, in die offene Gesellschaft. Das wäre vor zehn Jahren – verbunden mit der Sprachfrage - noch ein heiß debattiertes Gesprächsthema gewesen. Heute nicht mehr. Aufgrund dieser Beispiele und all der Reflexionen und Gespräche konnten die Teilnehmenden sich schließlich auf einen „Bukarester Missionskodex“ einigen, der nun als Arbeitsdokument unterschiedliche Kreise zieht.

SC

Der erarbeitete Missionskodex ist hier zu finden:  https://www.zeto-sibiu.net/home/news/