Nachbarn im Krieg
In der Ukraine herrscht Krieg. Nachdem aggressive Provokationen und diplomatische Verhandlungen sich jahrelang abgewechselt haben, wurde der schmal gewordene Pfad des Friedens in der Nacht von gestern auf heute ganz verlassen, als russische Truppen von unterschiedlichen Seiten die Ukraine überfallen haben. Die Evangelische Kirche A. B. in Rumänien (EKR) verfolgt die Ereignisse mit Bestürzung.
“Mit Fassungslosigkeit und Trauer beobachten wir die schrecklichen Geschehnisse in unserem Nachbarland Ukraine. Das gewaltsame Verschieben von Grenzen darf im 21. Jahrhundert nichts mehr verloren haben”, erklärt Bischof Reinhart Guib in einer ersten Reaktion: “Die Aggression des russischen Regimes bewirkt nichts anderes als Elend und Niedergang. Auf beiden Seiten drohen Tod und Leid, insbesondere unter unschuldigen Menschen. Unsere Gedanken sind daher bei den Menschen in den betroffenen Städtern und Regionen in unserem Nachbarland Ukraine. - Lasst uns für Frieden in Europa beten!”
Bischof Guib hat in diesem Zusammenhang auch ein Gebet für Frieden in der Ukraine verfasst, welches wir im Anschluss veröffentlichen.
Betroffenheit auch in Kirchengemeinden
Pfarrer Uwe Seidner aus Wolkendorf, der in den vergangenen Jahren sowohl Russland wie auch die Ukraine mehrfach bereist hat und über zahlreiche Kontakte verfügt, zeichnet ein düsteres Bild: “Meiner Einschätzung nach wird das Putin-Regime zumindest versuchen, ein kontrollierbares prorussisches Regime in Kiev zu etablieren. Nach den aktuellsten Ereignissen ist es aber nicht auszuschließen, dass Russland große Teile der Ukraine komplett besetzen möchte, zum Beispiel 'Novorossiia'.”
Corina Derla, Kuratorin der Evangelischen Kirchengemeinde A. B. in Suczawa, berichtet unterdessen von ersten Flüchtlingen, die versuchen, aus der Nordbukowina in die rumänische Südbukowina zu gelangen. “Freunde aus Czernowitz haben mich bereits konkret darum gebeten, im Ernstfall hier aufgenommen werden zu können.” Viele Menschen im Kreis Suczawa haben verwandtschaftliche Beziehungen zur ukrainischen Nordbukowina. Menschen, die nachweisen könne, dass ihre Vorfahren in der Zwischenkriegszeit die rumänische Staatsbürgerschaft hatten, beantragen bereits seit dem Überfall auf die Krim (2014) in steigender Zahl die rumänische Reisepässe und haben sich zum Teil auch bereits hier angesiedelt.
Tausende Ukrainer haben in den letzten Stunden auch die Grenze zur Republik Moldau überschritten. In Bacău hat die rumänische Luftwaffe ein ukrainisches Militärflugzeug, das den rumänischen Luftraum verletzt hatte, zu Landung eskortiert. Möglicherweise wollte der Pilot auf diese Weise vor dem Krieg flüchten.
Die rumänische Regierung hat als Reaktion auf den russischen Überfall auf die Ukraine eine Sicherheits-Task-Force eingerichtet, erklärte Premierminister Nicolae Ciucă.
Gebet für Frieden in der Ukraine
Barmherziger und gnädiger Gott, der du unsere Welt als einen Ort des Guten und des Friedens geschaffen hast, habe Dank für die vielen Jahrzehnte des Friedens in Europa und in unserem Land. Dein Sohn Jesus Christus hat den Frieden und die Liebe vorgelebt. Er ist den Weg der Versöhnung und des Kreuzes gegangen.
Wir klagen vor dir allen Terror, Krieg und Blutvergießen in unserer Welt und insbesondere in der Ukraine. Wehre allem Machtgebahren das Leben zerstört und Menschenleid verursacht.
Wir bitten dich, dass die Verantwortlichen in Russland und weltweit wieder an den Tisch des Dialogs zurückfinden, die Waffen ruhen lassen und den Frieden suchen, der allein Leben und Gemeinschaft möglich macht.
Wir bitten dich, stehe den Menschen und Glaubensgeschwistern in der Ukraine, aber auch in Weißrussland und Russland bei. Lass uns in Wort und Tat, im Beten und Arbeiten zu Werkzeugen deines Friedens werden. Erbarme dich über uns alle und schenk uns deinen Frieden, der höher ist als alle Vernunft. Amen.