Neujahrsempfang mit Grüßen aus dem Banat
Trotz klirrender Kälte folgten die meisten Gäste Bischof Reinhart Guibs Einladung zum traditionellen Neujahrsempfang, der am 10. Januar im Hermannstädter Bischofspalais der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien (EKR) stattfand. Neben Vorschau und Rückblick wurde unter anderem der landeskirchliche Bildkalender für das Reformationsjubiläumsjahr präsentiert.
Ausgewählte Gemeindeverbände, Stadtpfarrgemeinden sowie Jürg Leutert als EKR-Musikwart steuern auf Einladung des Bischofs jeweils einen Beitrag für ein Kalenderblatt des Jahres 2017 bei und behandeln mit Wort und Bild das Thema "Evangelisch sein heute". Um die musikalische Umsetzung der Jahreslosung sorgte sich Jürg Leutert, der sie vertont und anlässlich des festlichen Empfanges gemeinsam mit den erschienenen Besuchern darbot.
Die Gäste gingen in ihren Grußworten auf wichtige Ereignisse des abgelaufenen Jahres sowie auf bevorstehende Großereignisse - insbesondere das Fünfhundertjährige Reformationsjubiläum - ein. Prof. Philippi überraschte die Gäste unter anderem mit einem Tondokument aus der evangelischen Banater Diasporagemeinde Engelsbrunn. (Das Grußwort des Landeskirchenkurators wird hier im Anschluss widergegeben.)
Unter den Ehrengästen des Bischofsempfanges waren unter anderm Bischof em. D.Dr. Christoph Klein, Landeskirchenkurator Prof. Friedrich Philippi, Bischofsvikar Bezirksdechant Stadtpfarrer Dr. Daniel Zikeli, Deutschlands Konsulin Judith Urban, Bürgermeisterin Astrid Fodor, Dr. Paul-Jürgen Porr als Vorsitzender des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien (DFDR) und Prof. Dr. Renate Klein, die Leiterin des Départements für evangelische Theologie an der Lucian-Blaga-Universität.
Siehe auch: Bilderreihe "Neujahrsempfang 2017"
Grußwort von Landeskirchenkurator Prof. Friedrich Philippi anlässlich des Bischöflichen Neujahrsempfanges 2017:
"Hochwürdiger Herr Bischof, liebe Frau Bischof, verehrte Gäste,
Das Jahr 2016 war in unserer Kirche ein Gedenkjahr für unsere Reformatoren Luther und Honterus. Mit ihnen beschäftigten wir uns z. B. am Kuratorentag im März oder auf der Lektorenrüstzeit im Mai, ihnen waren mehrere Publikationen und die kirchlichen Kalender gewidmet. Die Ausstellung im Teutschhaus und die damit verbundene Tagung widmete sich ebenfalls verschiedenen Aspekten der Reformation. Wichtiger Ereignisse unserer Reformationsgeschichte gedachten wir auch bei der Pflanzung der ersten beiden Apfelbäumchen in Rasica bei Laibach in Slowenien, woher unser erster Bischof Paul Wiener stammte, und in Thorenburg, wo 1568 der Siebenbürgische Landtag das so genannte Toleranzedikt beschlossen hatte. Dass wir dabei in Turda in der katholischen Kirche den Luther-Choral „Ein feste Burg ist unser Gott“ gesungen haben, war beeindruckend und gehört in den Kontext dieser ökumenischen Veranstaltungsreihe.
Wie gut Johannes Honterus seine Heimat kannte, zeigt uns seine Karte von Siebenbürgen, die er 1532 in Basel als Holzschnitt fertigte, und deren farbige Version das Landeskonsistorium zur weiteren Verbreitung für das Jahr der Reformation 2017 neu hat drucken lassen.
Doch wie Friedrich Schiller in seinem Lied von der Glocke sagt: mit des Geschickes Mächten ist kein ewger Bund zu flechten, und das Unglück schreitet schnell.
Dieses Unglück traf 2016 durch den teilweisen, beziehungsweise vollständigen Einsturz der Kirchtürme nicht nur die Gemeinden Radeln und Rothbach sondern unsere ganze Landeskirche. Und hat in der Folgezeit viele Verantwortungsträger im Bezirk Kronstadt und dem Landeskonsistorium bis aufs Äußerste belastet. Dass der zuständige Dechant und der Bezirkskirchenkurator darum zum Polizeiverhör geladen wurden, ist nur ein Beispiel für diese Belastungen. Allen, die sich im abgelaufenen Jahr mit diesen beiden Türmen befassen mussten, sei auch auf diesem Weg gedankt! Dankbar müssen wir aber auch dafür sein, dass bei diesen Einstürzen niemand zu Schaden gekommen ist! Es hätte ja auch viel schlimmer kommen können.
Auf der inzwischen abgenommenen großen Glocke von Radeln steht, wie auch auf anderen Glocken und Gebäuden unserer Kirche, der Anfang des Reformationsliedes „Ein feste Burg ist unser Gott“. Das sollte uns zu denken geben: nicht die von unseren Vorfahren errichteten Burgen sind „fest gemauert in der Erden“, wie man allgemein annimmt. Auch sie sind nur Menschenwerk. Und die beiden Kirchtürme in Radeln und Rothbach sind geschichtlich gesehen auch nicht die einzigen eingestürzten Kirchtürme in unserer Landeskirche, wie die Beispiele Törnen oder Bartholomä zeigen. Auch bei ihrem Bau sind wahrscheinlich Fehler gemacht worden, die zu ihrem Einsturz führten. Daher müssen wir solche Fehler bei den EU-Renovierungsprojekten, die uns im abgelaufenen Jahr in Atem hielten und auch im Neuen Jahr weiter beschäftigen werden, zu vermeiden suchen und auf die Meinung der Fachleute hören.
Das Lutherlied lehrt uns, dass Gott allein die feste Burg ist, Gott ist auch im Neuen Jahr unsere Zuversicht und unsere Hoffnung.
Auch im abgelaufenen Jahr ist unsere Kirche kleiner geworden. Und es macht sich besonders in den Klein- und Kleinstgemeinden auch die Überalterung immer mehr bemerkbar. Und das auch bei den ehrenamtlichen Verantwortungsträgern, den Kuratoren und Ansprechpersonen. In diesem Jahr werden vier von ihnen 70 Jahre alt, acht werden 75, vier werden 80, sieben werden 85 und eine 90 Jahre alt, um nur die runden und halbrunden Geburtstage über 70 zu nennen. (6=65; 4=60; 1=55; 2=45; 1=40) Sie wären natürlich längst nicht mehr im Ehrenamt, wenn sie durch Jüngere ersetzt werden könnten.
Gerade sie sind aber auch die Wissensträger, die noch eine funktionierende Gemeinde mit ihrem kirchlichen Gemeindeleben miterlebt haben, die die gottesdienstlichen Bräuche kennen. Und die in ihrem Glaubensleben stark auf diese Erinnerungen angewiesen sind, da sie es nicht mehr in einer Gemeinde ausüben können. Wer kümmert sich um das Glaubensleben unserer Gemeindeglieder in den rund 80 Kleinstgemeinden mit zusammen ungefähr 500 Gemeindegliedern, in denen kein Gottesdienst mehr gefeiert wird und auch kein Abholdienst sie mehr erreichen kann.
Ich weiß, dass ich mich in diesem Punkt nach einem Jahr wiederhole, ich muss es dennoch tun, denn es konnte in diesem Punkt nichts verbessert werden. Wenn ich aus dem Mund eines Pfarrers höre, die Gemeinden seien bisher mit Gottesdiensten verwöhnt gewesen, dann weiß ich natürlich, wie er es gemeint hat – für diese verstreute Herde aber trifft das nicht zu. Im Gegenteil, da ist ein Rückzug unserer Kirche zu bemerken, wenn einer Gemeinde mitgeteilt wird, der Pfarrer käme nur noch zu Kasualien. Glaubensstärkung aber brauchen sie von dazu berufenen Seelenhirten wohl eher vor ihrem Ableben. Um diese verstreute Herde, die zunächst einmal immer größer wird, auch zu erreichen, sollte im Jahr der Reformation nicht nur gefeiert werden, sondern auch an einem Konzept zur besseren Betreuung dieser Gruppe unserer Gemeindemitglieder gearbeitet werden.
Ein ganz besonders Ereignis des abgelaufenen Jahres war der Besuch der beiden Schirmherren unserer Stiftung Kirchenburgen, der Präsidenten Klaus Johannis und Joachim Gauck. Dabei hat mich vor Allem die spontane, unprotokollarische Rede von Bundespräsident Gauck in der Kirche in Heltau beeindruckt, durch die wir uns auch als Kirche bestätigt fühlen können. Ich habe diese Rede nach einer Tonaufnahme aufgeschrieben und möchte daraus zitieren, weil nicht alle der heute hier Anwesenden in Heltau dabei sein konnten:
'Also das habe ich mir nicht vorgestellt, dass jemand fragen würde, aber mir ist doch jetzt eben sofort ins Herz gekommen, ich muss als erstes Ihnen danke sagen, aber ich denke immer bei der Besichtigung nicht nur an die Gebäude, an die Mauern, an die Kunstschätze, sondern an die Menschen, die sie errichtet, erhalten und gepflegt und belebt haben.
Und so ist es mir ein Anliegen jetzt nicht nur das Gebäude zu würdigen, sondern besonders Ihnen aus dem Kirchenvorstand und ganz besonders den Menschen, die die harten Zeiten durchgestanden haben, Ihnen für Ihre Treue und Ihre Anhänglichkeit und Ihre Opferbereitschaft zu danken!
Ganz viele Menschen in Europa haben ihre Wurzeln abgeschnitten. Sie haben vergessen, was sie geprägt hat, wo sie herkommen, woher ihre Vorfahren geistliche Kraft genommen haben.
Und hier in Ihren Gemeinden ist das nicht geschehen. Sondern Sie haben in Treue nicht nur zu Ihren (nationalen und landsmannschaftlichen) Traditionen gestanden, sondern auch zu dem Glauben, der Ihrem Leben Sinn gegeben hat.
Und das ist der erste Grund, warum ich mich mit Ihnen eng verbunden fühle.'
Es tut gut, einen solchen Dank, der nicht nur an die in Heltau Anwesenden gerichtet war, aus berufenem Munde zu hören!
Hochwürdiger Herr Bischof, ich bedanke mich bei Ihnen im Namen des Landeskonsistoriums und aller Kuratoren für Ihre Sorge für die geistliche Betreuung in unserer Kirche auch im abgelaufenen Jahr. Ganz besonders auch für Ihren nun schon länger anhaltenden Dienst in den pfarrerlosen Gemeinden rund um Broos zu den Hochfesten!
Auch im Namen aller Mitarbeiter dieses Hauses und der anderen Einrichtungen unserer Kirche in Hermannstadt, Michelsberg, Wolkendorf und Schweischer
wünsche ich Ihnen und Ihrer Familie ein gesundes und gesegnetes Neues Jahr 2017!
Für alle hier anwesenden Gäste habe ich einen Neujahrsgruß aus einer unserer kleinsten Gemeinden, aus Engelsbrunn bei Arad mitgebracht. Pfarrer Walther Sinn singt es zusammen mit Herrn Bertold Paulmann aus Arad und begleitet es auch am Akkordeon:
Neujahrslied aus Engelsbrunn
Das Neue Jahr wir euch anwünschen,
allen in dem ganzen Haus.
Das neugebor‘ne Jesuskindlein
teilet seinen Segen aus.
Und nach diesem langen Leben
Gott die Seligkeit euch gebet:
Wenn wir scheiden allzugleich:
die ew’ge Freud‘ und’s Himmelreich."