Normalität


Pfarrerin Sibylle Klumpp (Foto: Simon Tartler)

Beitrag zum Thema „Frauenordination in Frankreich“ für die Jubiläumsfeier vom 26. bis 27. August 2024 in Hermannstadt

In der Reformierten Kirche Frankreichs, gibt es die Frauenordination seit 1971, also eine Generation mehr als in Rumänien.

Ich bin den Frauen und Kolleginnen der ersten Generation von Pfarrerinnen dankbar für ihre «Pionierarbeit», Durchsetzungskraft und Engagement für die Anerkennung der Frauenordination, so dass die Frauen ihren Platz auch in Verantwortungspositionen in der Kirche finden konnten. Die «erste Generation» musste zeigen und beweisen (und oft «besser» sein als die Kollegen!) dass Frauen den Pfarrberuf ausüben können und genauso fähig sind eine Gemeinde zu leiten und Verantwortung zu übernehmen und nicht «Assistenten» von Männern sind. Sie lebten auch den Pfarrberuf anders, mehr kollegial, mehr begleitend, und kollaboratif. Die Frage der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, wurde auch zu einer zentralen Frage. Solidarität und Unterstützung unter Frauen/Pfarrerinnen ist sehr wichtig und hilfreich.

In der Eglise protestante Unie gibt es heute 38% Pfarrerinnen und wir haben auch seit 8 Jahren eine Frau als Präsidentin auf nationaler Ebene unsere Kirche, la pasteure Emmanuelle Seyboldt. Bei den Theologiestudierenden gibt es mehr als 50% Frauen und auch bei den Vikaren.

In den 30 Jahren meines Pfarramtes hat sich diese Situation immer positiver verändert: in den ersten Jahren, wurde ich öfters am Telefon gefragt: »Könnten sie mich bitte mit dem Pfarrer verbinden?» Man ging selbstverständlich davon aus, dass ich die Sekrätarin wäre!

Heute ist es selbstverständlich, dass eine Frau Pfarrerin ist und wir werden in den Kirchengemeinden und in der Gesellschaft sehr positiv gesehen, zumal in anderen Religionen die Frauen oft keinen Zugang zu Verantwortungspositionen haben. In der französischen Gesellschaft werden die protestantischen Pfarrerinnen als Beispiel für Weltoffenheit, Gleichberechtigung und den Menschen-näher-stehend angesehen. Die Gemeindeglieder sind oft stolz auf die Frauen im Pfarramt.

«Frauen im Pfarramt» ist in unserer Kirche eigentlich kein «Thema» mehr. Wir achten alle gemeinsam in unseren Räten und Delegationen darauf, dass Frauen ihren Platz haben; wir achten  auch  darauf, dass Frauen in Verantwortungspositionen berufen werden.

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Sibylle Klumpp, Pfarrerin der Eglise protestante Unie de France, 57 Jahre alt, verheiratet, 2 Töchter und 2 Enkeltöchter. Theologiestudium in Tübingen, Basel und Heidelberg. Pfarrerin in Robinson (Süden von Paris), in Mulhouse (im Elsass, UEPAL) mit einem Sonderpfarramt Citykirchenarbeit und Erwachsenenbildung, in Avignon und seit 2016 Präsidentin des Regionalrates der Kirche in der Region Provence-Alpes-Corse-Côte d’Azur.