Reformationsjubiläum schlägt in Wien Wurzeln
Das 500-jährige Reformationsjubiläum wird 2017 weltweit gefeiert mit einer Vielzahl an Festveranstaltungen, Symposien und Vorträgen. Desgleichen stand das Sachsentreffen in Hermannstadt im August im Zeichen des Reformationsjahres. Am 3. Oktober konnten nun auch die Siebenbürger Sachsen aus Wien und Umgebung einer symbolkräftigen Veranstaltung beiwohnen, die dem siebenbürgischen Reformationsgedenken „Zwölf Apfelbäumchen für ein klares Wort“ gewidmet war. Im Beisein des Bischofs der Evangelischen Kirche A. B. in Österreich, Dr. Michael Bünker, und des Bischofs der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien (EKR), Reinhart Guib, sowie des Bundesobmanns des Bundesverbandes der Siebenbürger Sachsen in Österreich, Manfred Schuller, und der Bundesvorsitzenden des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, Herta Daniel, wurde in der österreichischen Bundeshauptstadt das neunte Bäumchen feierlich eingepflanzt. Ministerialrat Prof. Dr. Dr. h.c. Karl Schwarz befasste sich in seinem Festvortrag mit dem Reformator Johannes Honterus und seinen Wiener Studienjahren.
Wie Pfarrer Dr. Stefan Cosoroabă (Michelsberg) ausführte, geht es bei der länderübergreifenden Aktion, deren Bezeichnung auf Luthers „Apfelbäumchen-Ausspruch“ zurückgeht, um einen spezifischen Aspekt des weltweiten Reformationsgedenkens: die zwölf Apfelbäumchen wurden und werden an Orten eingepflanzt, die mit Siebenbürgen im Allgemeinen, vor allem aber mit dem Werdegang des Johannes Honterus, dem Gelehrten und Reformator aus Kronstadt, zu tun haben. Das neunte Bäumchen sollte nun in Wien, der Studienstadt des siebenbürgischen Reformators, feierlich eingepflanzt werden. Dieses erklärte in kurzer Zusammenfassung Dr. Cosoroabă, nachdem Dr. Michael Bünker, der Bischof der Evangelischen Kirche A. B. in Österreich, die Hermannstädter Delegation, angeführt vom Bischof der EKR Reinhart Guib, sowie die übrigen rund dreissig Anwesenden herzlich begrüßt hatte.
Die Andacht hielt Bischof Guib, der darin ebenso auf die Apfelbäumchen, Metapher Luthers als Hoffnungssignal weitergetragenen lutherischen Glaubens, einging, wie er es auch im August beim Sachsentreffen in Hermannstadt in der Festansprache im Thalia-Saal tat.
Die Gruppe begab sich danach in den Garten des Wiener evangelischen Bischofssitzes in der Severin-Schreiber-Straße, wo dann neben den Bischöfen auch andere beim Einpflanzen des Bäumchens zupackten, denn es sollte eine Gemeinschaftsarbeit sein. Bundesobmann Manfred Schuller und die Bundesvorsitzende des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, Herta Daniel, trugen Gedanken zum Thema der Veranstaltung bei. Die Bundesvorsitzende erinnerte in ihrem Grußwort an das segensreiche Wirken des Reformators Johannes Honterus im Bereich der Bildung, allen voran an das im Zuge der Reformation aus der Kronstädter Stadtschule hervorgegangene, von Honterus gegründete „Studium Coronense“, „das erste humanistische Gymnasium ganz Südosteuropas“. Ferner verwies Daniel auf die von Honterus 1530 veröffentlichte lateinische Grammatik und auf die von ihm gegründete Honterus-Druckerei, die drittälteste Druckerei der Region, in der unter anderem die ältesten erhaltenen Schulbücher Siebenbürgens gedruckt wurden, ebenso auf eine Schulordnung von 1543, in der auch die Schülerorganisation des „Coetus“, „eine Art Schülerselbstverwaltung zur Vorbereitung der Jugendlichen auf das spätere Leben in Gemeinde, Stadt und Staat, verankert“ war.
Den Festvortrag, der sich um Johannes Honterus und vor allem um dessen Wiener Studienjahre rankte, hielt Ministerialrat Prof. Dr. Dr. h.c. Karl Schwarz. Sowohl dieser Vortrag als auch Bischof Bünkers abschließende, kluge Worte über „Bildung heute“ boten so manche originellen Sichtweisen an. Nicht zu vergessen sind die in überraschend gutem Deutsch vorgetragenen Ausführungen des rumänischen Botschafters in Wien, Exzellenz Bogdan Mazuru, zum Thema des Abends, doch auch zu den Siebenbürger Sachsen im Allgemeinen und deren heute für Rumänien so bedauerlichen Exodus.
Beim warmen Büfett konnten nicht nur neue Bekanntschaften geknüpft und einige Themen in interessanten Gesprächen weitergeführt werden, sondern man konnte auch dem guten siebenbürgischen Wein zusprechen. Und damit alle wissen, welche Frucht das eben gesetzte Apfelbäumchen tragen wird, verteilte der der siebenbürgischen Delegation angehörende Pfarrer Großpolds reife Batulläpfel unter die Leute, ein harmonischer Ausklang eines bereichernden Beisammenseins im Zeichen des Wittenbergers Reformators Luther und unseres Kronstädter Universalgelehrten Honterus.
Kurt Thomas Ziegler
- Anm.: Dieser Text ist am 26. Oktober 2017 in der Siebenbürgischen Zeitung (München) erschienen.