Rückhalt


Oberkirchenrätin Dr. Uta Andrée (Bild: Simon Tartler)

Beitrag zum Thema „Frauenordination in Deutschland“ für die Jubiläumsfeier vom 26. bis 27. August 2024 in Hermannstadt

Frauenordination - Wie sieht es heute aus?

Innerhalb der Evangelischen Kirche in Deutschland haben wir seit 1991 (seit 33 Jahren) in allen Landeskirchen die Frauenordination. Frauen werden seit Ende der fünfziger Jahre zunehmend zum Pfarramt zugelassen (also seit ca. 65 Jahren), allerding zunächst mit in deutlich eingeschränktem Status. Eine rechtliche Gleichstellung – zum Beispiel, das Recht zu heiraten, zum Beispiel eine uneingeschränkte Zulassung zu allen pfarramtlichen Diensten der Kirche – erfolgte in vielen Landeskirchen erst in den siebziger Jahren. Aus meiner Kirche im Norden stammte die weltweit erste lutherische Bischöfin. Maria Jepsen wurde am 30. August 1992 in ihr Amt eingeführt – also genau vor 32 Jahren.

Heute sind gut 20.000 ordinierte Theologinnen und Theologen im Dienst der evangelischen Kirchen (EKD) davon 40% Frauen und 60% Männer. (Zahlen von 2021) Das Verhältnis bei Theologie-Studierenden ist umgekehrt (60% Frauen, 40% Männer), allerdings ist der Schritt vom Studium ins Pfarramt für Frauen weiterhin weniger selbstverständlich als für Männer. 

Was sind die Herausforderungen?

Damit ist schon eine Herausforderung benannt. Wie kann Kirche auch für Frauen eine attraktive Berufsperspektive im Pfarramt bieten bei einer ungeregelten Arbeitszeit, die sich nur schlecht mit Familie und Freizeit verbinden lässt, und bei einer Residenzpflicht, die ordinierten Pastorinnen auferlegt wird und oft als Einschränkung erlebt wird. Diese beiden Nachteile nehmen besonders Frauen ungern in Kauf.

Ein letzter Punkt zur Situation heute: Weiterhin werden die Chefetagen der Kirche und besonders der Diakonie von Männern besetzt. In Bezug auf die Zahl der Leitenden Geistlichen in den 20 Landeskirchen der EKD steht es 13 zu 5, bei zwei unbesetzten Posten. Die Diakonie ist in Bezug auf die ordinierten und die nicht ordinierten Mandatsträger insgesamt eine sehr männerdominierte Sphäre. Hier geht es noch mehr als in der verfassten Kirche um Macht und Geld.

Wie wurden sie gelöst?

Lösungen zur Überwindung des Ungleichgewichts der Geschlechter im Zugang zum geistlichen Amt,  im Zugang zu einflussreichen und die Kirchen prägenden Ämtern und im Zugang zu Positionen, die die Kirche hochrangig öffentlich repräsentieren, liegen erstens in einer guten Analyse der Mechanismen, die dieses Ungleichgewicht bedingen und möglicherweise bewusst aufrecht erhalten. Zweitens haben Frauen Rückhalt in einer guten Theologie, die fadenscheinige, aber oft theologisch sublimierte Gründe für eine Ungleichbehandlung zurückweist. Drittens brauchen Frauen gute Netzwerke. Frauen haben sich seit den siebziger Jahren in Theologinnenverbänden und -konventen zusammengeschlossen und für ihre Rechte und gleichberechtigte Zugänge eingesetzt. Ich befürchte allerdings, dass manche dieser Formate eine neue Generation von Frauen nicht erreicht. Wenn aber nichts an die Stelle tritt, was den Erhalt und die Selbstverständlichkeit einer gleichberechtigten Dienstgemeinschaft von Frauen und Männern in der Kirche im Blick behält, kann es zu Einbrüchen dieser Errungenschaft führen. Eine solche Dynamik sei zu guter Letzt als Herausforderung genannt: Es gibt Kreise – auch innerhalb der in der EKD versammelten Kirchen, die vor einer Feminisierung des Pfarrberufes warnen und meinen, dass der Pfarrberuf entwertet wird (und möglicherweise die Akzeptanz von Kirche Schaden nimmt), wenn eines Tages mehr Frauen als Männer im ordinierten Amt stehen. Das zeigt, dass wir als Frauen weiterhin nicht gefeit sind, vor Diskriminierung, Entwertung und einem Rückschritt in Bezug auf Geschlechtergerechtigkeit.

Was rätst du einer jungen Frau, die Pfarrerin werden möchte?

Einer jungen Frau, die den Pfarrberuf ergreifen will, würde ich raten, eine gute Theologin zu werden, damit sie alles entlarven kann, was ihren Weg mit vermeintlich theologischen Gründen in Frage stellen will.

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Oberkirchenrätin Dr. Uta Andrée leitet die Abteilung für Theologie, Ökumene und Diakonie im Landeskirchenamt der nördlichsten Landeskirche in Deutschland (Nordkirche). Sie ist ökumenische Theologin mit einem geografischen Schwerpunkt in Lateinamerika und einem inhaltlichen Schwerpunkt in interkonfessioneller Theologie. Ehrenamtlich ist sie als Pastorin in einem ehemaligen Benediktinerinnenklosters engagiert und dort als Predigerin tätig. Für die Zukunft der Kirche wünscht sie sich, dass nicht die Institution sondern die Gemeinschaft der getauften Christinnen und Christen im Mittelpunkt steht. Sie ist überzeugt, dass Christinnen und Christen ein lebendiges Zeugnis von Gottes Treue geben, wenn ihre Verbindung mit Gott in Gebet, Bibelstudium und Gottesdienst und ihr Engagement für den Nächsten und die Gesellschaft immer und überall zusammengehören.