"Schlüssel zum gelingenden Leben"


Bezirksdechant Pfr. Hans-Georg Junesch

Ein Wort aus Hermannstadt über das Handwerk des Christen - am 13. Mai 2020, Mittwoch nach dem Sonntag Kantate, von Hans-Georg Junesch, Pfarrer in der Stadt am Zibin und Dechant des Hermannstädter Kirchenbezirks.

Jesus spricht: „Darum sollt ihr so beten: Unser Vater im Himmel! Dein Name werde geheiligt. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen“. (Matthäus 6, 9-13)

„Eines Christen Handwerk ist Beten.“

„Wie ein Schuster einen Schuh macht und ein Schneider einen Rock, also soll ein Christ beten. Eines Christen Handwerk ist Beten.“ Ein klares Wort, ein guter Vergleich, in deutlicher Sprache: Wer anders als Martin Luther hätte diese Aussage so prägnant formulieren können? Obwohl, es klingt vielleicht befremdend in unseren Ohren, wenn die Tätigkeit des Betens mit der Ausübung eines Handwerks verglichen wird. Sind wir nicht eher gewohnt, Beten als eine sehr intime und gefühlsmäßige Sache anzusehen und anzugehen? Hat nicht Jesus selbst das verlangt, wenn er sagt (Mt 6, 6): „Wenn du betest, so geh in dein Kämmerlein und schließ die Tür zu und bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist.“ Sollte gerade Luther diesem Anliegen von Jesus widersprechen, wenn er Beten als eine lebensnotwendige Tätigkeit darstellt, deren Ausübung in erster Linie ein handfestes Werk vor Augen hat. Wo bleibt dabei unser Bedürfnis zur eigenen geistlichen Erbauung beim Beten?

In eigener christlichen Verantwortung

In den nun vergangenen zwei Monaten des Ausnahmezustandes sind wir notgezwungen der Weisung von Jesus gefolgt (Mt. 6, 5): „Wenn ihr betet, sollt ihr nicht sein wie die Heuchler, die gern in den Synagogen und an den Straßenecken stehen und beten, um sich vor den Leuten zu zeigen.“ Gottesdienst und Gebet waren nicht mehr öffentlich möglich; zumindest nicht mehr im traditionellen öffentlichen Raum. Andererseits, wenn dabei wohl die meisten für sich „im stillen Kämmerlein“ vor ihrem elektronischen Gerät gesessen sind, so ist diese Verbannung aus der Öffentlichkeit ins Private eigentlich eine außerordentlich wichtige Erfahrung gewesen: Das Zurückgeworfensein auf die eigene christliche Verantwortlichkeit. Ich musste mir aktiv und selbstverantwortlich, sozusagen nackt vor dem inneren Spiegel die Frage stellen: Wie hältst du es mit der Religion? Diese Zeit der Isolierung hat sicherlich vielen Christen intensiv vor Augen geführt, dass jede und jeder letztendlich alleine vor Gott steht. Die Gemeinschaft und die Öffentlichkeit mit ihren rituellen Handlungen können einen nur bis zu einem bestimmten Punkt tragen. Darüber hinaus müssen wir für uns selbst gerade stehen. Doch dazu braucht es nicht viele Worte. Jesus fordert uns nämlich auf (Mt.6, 7 und 8): „Wenn ihr betet, sollt ihr nicht viel plappern wie die Heiden; denn sie meinen, sie werden erhört, wenn sie viele Worte machen. Darum sollt ihr ihnen nicht gleichen. Denn euer Vater weiß, was ihr bedürft, bevor ihr ihn bittet.“ Was für ein großartiger Gott unser himmlischer Vater doch ist!

Freude aushalten!

Eine Ausnahmezeit kann also auch eine befreiende und überschwängliche Freude zur Folge haben, die mich aus dem stillen Kämmerlein hinaustreibt. Ich hoffe und wünsche mir, dass uns das jetzt bevorsteht, denn auszuhalten ist große Freude nur in Gemeinschaft.

Lasst uns daher ein Dank- und Lobgebet einüben, wie es der Psalm 95 ausdrückt (Verse 1-7a):

„Kommt herzu, lasst uns dem HERRN frohlocken und jauchzen dem Hort unsres Heils! Lasst uns mit Danken vor sein Angesicht kommen und mit Psalmen ihm jauchzen! Denn der HERR ist ein großer Gott und ein großer König über alle Götter. Denn in seiner Hand sind die Tiefen der Erde, und die Höhen der Berge sind auch sein. Denn sein ist das Meer, und er hat's gemacht, und seine Hände haben das Trockene bereitet. Kommt, lasst uns anbeten und knien und niederfallen vor dem HERRN, der uns gemacht hat. Denn er ist unser Gott und wir das Volk seiner Weide und Schafe seiner Hand.“

Pfarrer Hans-Georg Junesch