Selbstsein


Dr. habil. Püsök Sarolta (Bild: Simon Tartler)

Beitrag zum Thema „Frauenordination in der Reformierten Kirche aus Rumänien“ für die Jubiläumsfeier vom 26. bis 27. August 2024 in Hermannstadt

Frauenordination – wie sieht es heute aus?

In Koloszvar begann 1917 die erste Frau ihr Theologiestudium. Zwischen den beiden Weltkriegen hatte die Reformierte Kirche in Rumänien keine Synode, so dass in den 1920er Jahren der Bischofsrat die obersten Entscheidungen traf und beschloss, dass Frauen, wenn sie studieren wollten, die vollen Rechte erhalten sollten, so dass sie ab 1930 das 1. und 2. Pfarramtsprüfung  ablegen dürften.
In der kommunistischen Diktatur gab es zwar eine Synode, aber es war nicht ratsam, eine Gesetzesänderung zu beantragen, die der orthodoxen Auffassung völlig zuwiderlief, d.h. Frauen wurden nicht ordiniert, aber die Absolventinnen (es waren nicht so viele) wurden in ein volles Amt berufen. Nach der ungarischen Revolution von 1956 gab es eine längere Zeit der erzwungenen Unterbrechung.  Sobald Frauen wieder zum Theologiestudium zugelassen wurden, wurden sie automatisch (1977) zusammen mit den Männern ordiniert, und auch Frauen, die zuvor ein Studium absolviert hatten und nun als Pfarrerinnen tätig waren, erhielten die Möglichkeit einer feierlichen Ordination. Nicht alle haben von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, denn in unserer Kirche hat sie nicht das gleiche Gewicht wie in anderen Konfessionen.

Was sind die Herausforderungen und wie wurden oder werden sie gelöst?

Lange Zeit war der numerus clausus ein Hindernis für den Eintritt von Frauen in den Pfarrdienst. Heutzutage haben sie mehr Angst davor, auf die gleiche Weise wie Lehrerinnen und Lehrer feminisiert zu werden. Manchmal waren eifersüchtige Männer das Problem, die versuchten, durch Stereotypisierung von Frauen Barrieren zu errichten.

Es ist sowohl ein Vorteil als auch ein Nachteil, dass die meisten Ehemänner von Pfarrerinnen auch Pastoren/Pfarrer sind, und es ist nicht einfach, einen Dienst zu finden, der zu beiden passt.

Was raten Sie einer jungen Frau, die Pfarrerin werdden möchte?

Der Dienst des Pfarrers / der Pfarrerin ist ein Dienst, der die Familie mit einbezieht, wie in vielen früher rein männlichen Ämtern. Manchmal ist es nicht einfach, das richtige Gleichgewicht zwischen Familie und Dienst zu finden, aber das sollte niemanden entmutigen, denn es gibt immer eine gesunde Lösung, man muss sie nur suchen. Ein weiterer Ratschlag ist: weder die eigene Weiblichkeit für den Dienst zu opfern noch zu versuchen, sich dadurch einen Vorteil zu verschaffen, sondern immer mutig Selbst zu sein.

Dr. habil. Püsök Sarolta (Cluj-Napoca, 1971) absolvierte die Mittelschule in Zalau/Zillenmarcht, schloss 1994 das Evangelisch-Theologische Institut in Klausenburg ab und studierte als HEKS-Stipendiatin im Studienjahr 1994-1995 Theologie und Philosophie an der Universität Basel. Im Jahr 1996 wurde sie zur Pfarrerin ordiniert. Seit 1999 ist sie Dozentin an der Fakultät für Reformierte Theologie und Musik an der Babeș-Bolyai-Universität und derzeit Uiversitatsdozentin für Systematische Theologie.