Septuagesimae 2014: 15./16. Februar, Römer 4, 1-5
Die folgende Predigt wurde von Petra Stöckmann-Kothen am 15. und 16. Februar in den Gemeinden von Hamlesch und Neppendorf sowie im Dr.-Carl-Wolff-Heim gehalten.
Liebe Gemeinde,
die Überschrift für diesen Sonntag ist: Lohn und Gnade und wir befinden uns in der sogenannten Vorfastenzeit. Wenn wir uns die verschiedenen Texte, die für diesen ersten Sonntag nach der Epiphaniaszeit, zugeordnet sind, ansehen, kommt es fast so vor, als würden wir uns am Ende des Kirchenjahres befinden. Es geht um Abrechnung, um die Folgen unseres Handelns und auch um das Ende der Welt mit leisen Andeutungen aufs Endgericht. Immer wieder lesen wir dann, wie unser Gerechtigkeitsempfinden selten mit dem Gerechtigkeitsgedanken Gottes zusammen passt. Die wohl deutlichste Beschreibung haben wir eben im Evangelium gehört.
Das drückt auch Daniel aus, wenn er das Wort des Wochenspruches sagt: „Wir liegen vor dir mit unserem Gebet und vertrauen nicht auf unsere Gerechtigkeit, sondern auf deine große Barmherzigkeit.“
Daniel war ja einer der jungen Männer, die nach Babylon geführt wurden und, weil sie besonders klug waren, dann dort am Königshof eine besondere Bildung genießen konnten. Er war zwar deportiert und auch ein Gefangener, aber hatte doch viele Freiheiten durch seine hohe Intelligenz. Besonders an Daniel und sein Freunden war aber wohl, dass sie ihrem Gott treu geblieben sind, trotz ihrer Stellung, darum segnete Gott sie ganz besonders.
Unserem Wochenspruch geht nun ein langes Gebet voraus, in dem Daniel Gott um Vergebung bittet für das was sie und ihre Vorfahren mit dem Wort Gottes getan haben. Daniel bittet um Vergebung, auch im Namen seines Volkes, weil sie den Bund, den Gott mit ihnen geschlossen hatte, gebrochen haben. Er weiß und bekennt, dass sie durch ihren Ungehorsam in die Verbannung geführt wurden und dass es eine normale Folge des sündigen Handelns und der Abkehr von Gott war, Gott aber doch an ihnen fest gehalten hatte. Gott hat sie ihren Feinden überlassen, aber er ist dann doch auch mit ihnen gezogen – bis nach Babel. So ist Gott, das ist seine Barmherzigkeit und Gerechtigkeit.
Unsere Gerechtigkeit, die menschliche Gerechtigkeit, hat keine große Gemeinsamkeit mit Gottes Gerechtigkeit. Für uns Menschen ist es schon schwer und wir befolgen es selten, „Auge um Auge“, wie es Mose geboten hatte – meist kommt es so, dass für ein Auge zwei aufgewogen werden, um zum Gleichstand auch Ausgleich oder Strafe mit zu erwirken, erst dann ist unsere Gerechtigkeit wieder hergestellt. Wer böses tut, wird bestraft, dann ist es gerecht.
Gott aber will in erster Linie unser Vertrauen und unseren Gehorsam. Er möchte, dass wir auf sein Wort hören und es tun. Er hält was er verspricht – und wenn wir nicht auf ihn hören, lässt er uns wohl die Folgen spüren – was meistens dann als Strafe gesehen wird, obwohl wir es uns selber eingebrockt haben. Gott aber legt uns keine Strafe auf. Er bietet sich uns als Bündnispartner an – und verspricht uns dann mit diesem Bund seine Führung und seine Gegenwart. Johannes stellt später fest, dass Gott gerecht ist, weil er uns vergibt, wenn wir unsere Sünden bekennen – so wie er es in seinem Bund zugesagt hat. Und damit ist es dann gut, wirklich gut, das ist Gottes Gerechtigkeit.
Wenn es dann also heute um Lohn und Gnade geht, dann nicht nach unserem Maßstab, sondern nach Gottes Maßstab. Gottes Lohn für die, die ihm vertrauen, ist das ewige Leben – und das ist für alle dann gleich, ob sie als Baby getauft sind und sich immer an Gottes Wort gehalten haben, oder ob sie sich später zu Gott bekannt haben – davon erzählt ja das Evangelium. Wer zu Gott geht und ihn um Vergebung bittet, ein Ja zu seinen Bund sagt, bekommt als Lohn das ewige Leben.
Und weil Gott immer gut ist, es für uns immer gut will, ist sein Lohn für uns immer ein Gnadengeschenk. Wir können uns den Himmel nicht verdienen, wir können es uns nur schenken lassen. Nur durch seine Gnade und Barmherzigkeit ist es möglich, ihm zu gefallen. Davon hören wir auch im Predigttext, wir lesen Worte aus dem 4. Kapitel des Römerbriefes, ich lese sie aus der „Neues Leben“ Übersetzung:
1Abraham war seiner Herkunft nach der Stammvater unseres jüdischen Volkes. Durch was wurde er nun gerettet? 2Nahm Gott ihn etwa aufgrund seiner guten Taten an? Wäre es so, dann hätte er Grund, stolz zu sein. Doch aus der Sicht Gottes hatte Abraham dazu keinen Anlass. 3Denn was steht in der Schrift? »Abraham glaubte Gott; und Gott erklärte ihn für gerecht.« 4Wenn Menschen arbeiten, erhalten sie ihren Lohn nicht als Geschenk. Ein Arbeiter hat sich verdient, was er bekommt. 5Gerecht gesprochen aber wird ein Mensch aufgrund seines Glaubens, nicht aufgrund seiner Taten. (Soweit aus Gottes Wort)
Paulus legt in den Versen vorher aus, dass wir ohne unsere Werke und ohne das Gesetz gerechtfertigt sind. Vor Gott können wir nicht dadurch bestehen, dass wir alle Gebote halten, sondern alleine dadurch, dass wir Gottes Wort glauben schenken und ihm vertrauen. So kommt Paulus dann zu Abraham, von dem es in der Bibel heißt, dass er vor Gott als gerecht, also mit Gott im Reinen, dargestellt wird. Er hatte die Gebote noch nicht, aber weil er Gott vertraute und dem Wort Gottes Glauben geschenkt hatte, war er mit Gott im Reinen – vor Gott als gerecht.
Wenn wir also vor Gott bestehen wollen, mit ihm im Reinen sein, ihn als unseren Wegbegleiter haben möchten und einmal in seinem Reich leben, dann können wir uns das nicht mit guten Taten, gerechten Werken oder sonstigem Tun verdienen. Einzig und alleine unser Glaube zählt. Unser Vertrauen auf Gott, unsere Liebe zu Gott, wird bewirken, dass Gott uns gut ist, uns begleitet, unser Leben führen wird. Und dann, dann sind wir vor Gott gerecht gesprochen, dann wird Gott in seiner Gerechtigkeit uns für „in Ordnung“ befinden.
Neben der eben bedachten Unterscheidung zwischen unserer menschlichen Gerechtigkeit und der Gerechtigkeit Gottes, führt Paulus als Beispiel hier noch etwas anderes an, nämlich die Arbeit. Wer arbeitet, dem steht Lohn zu, je nachdem, was ausgehandelt wurde – wenn wir an das Evangelium denken – oder was üblich ist, Mindestlohn und Tarifkonform, würden wir heute sagen: Arbeitern steht der Lohn zu, das ist keine Frage, da gibt es keine Diskussion. Wenn also der Arbeitgeber dem Arbeiter Lohn gibt, ist das kein Geschenk, keine Gnade oder besonders lobenswerte Tat, dem Arbeiter steht der Lohn zu, er kann es erwarten und auch einfordern!
Unser Verhältnis zu Gott aber ist ein anderes. Da geht es nicht um einen uns zustehenden Lohn für etwas was wir tun, sondern Gott schenkt uns etwas. Wir können uns den Himmel nicht verdienen, wie wir uns unseren Lohn für unsere Arbeit verdienen. Kein Mensch hat den Himmel verdient und wenn er nach unserem Dünken noch so gut zu sein scheint. Keinem Menschen steht ein Platz im Himmel zu und wenn er noch so fromm gewesen sein mag. Auch wenn wir alle Gebote halten könnten und würden, immer nur gute Taten vollbringen könnten und würden, das ewige Leben ist und bleibt ein Geschenk Gottes.
Aber Gott will es uns schenken, Gott will, dass wir zu ihm in sein Reich kommen und er will unser Bündnispartner sein, unser Leben gut und sicher führen und leiten, mit uns in guter Gemeinschaft leben. Und besonders will er, dass wir ihm vertrauen und ihm glauben, dass er es gut mit uns meint.
Und warum? Weil er uns lieb hat! Er hat uns geschaffen, damit wir mit ihm leben. Und damit es nach dem Sündenfall wieder möglich wurde, nicht nur für das auserwählte Volk Gottes, kam Gott in seinem Sohn auf diese Erde, der alles Trennende, unser Unvermögen, unser Versagen weg genommen hat, damit Gottes Gerechtigkeit und Barmherzigkeit für uns gelten kann.
Mit ihm machen wir uns dann ja bald wieder auf den Weg bis zum Kreuz. Und da ist es gut, ehe die Passionszeit beginnt, uns noch mal wieder vor Augen zu führen, dass die Erlösung durch Jesus ein Geschenk ist. Wir können sie uns nicht verdienen. Auch wenn wir in den nächsten Wochen überlegen, worauf wir verzichten könnten, und alle Traditionen einhalten, um die Fastenzeit als eine solche zu gestalten – es hilft uns nicht dabei, in den Himmel zu kommen, aber es hilft uns, uns wieder neu und gründlich auf das Geschenk zu konzentrieren und um es wieder und wieder in Dankbarkeit anzunehmen. Fasten, um Zeit und Gedanken frei zu haben, auf Gottes Wort zu hören und ihm Vertrauen zu schenken und ihm danke sagen für das Geschenk der Erlösung. Darüber freut sich Gott und er wird uns dann ganz sicher auch segnen in der Fastenzeit und bis ans Ende unsere Tage.
Amen.