Traditioneller Neujahrsempfang des Bischofs


Der gut besuchte Neujahrsempfang 2020 im Festsaal des Bischofspalais.

Am 10. Januar 2020 fanden sich zum alljährlichen Empfang von Bischof Reinhart Guib anlässlich des Jahreswechsels zahlreiche Mitglieder, Freunde und Mitarbeiter der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien (EKR) im Hermannstädter Bischofspalais ein.

Unter den Festrednern waren neben dem Gastgeber in diesem Jahr Landeskirchenkurator Prof. Friedrich Philippi, Prof. Dr. Stefan Tobler, Hermannstadts Bürgermeisterin Astrid Fodor (DFDR), der Vorsitzende des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien (DFDR) Dr. Paul Jürgen Paul, Deutschlands Konsul Hans Erich Tischler, der Vorsitzende des Deutschen Wirtschaftsclubs Siebenbürgen Harald Friedrich sowie Bezirksdechant Pfr. Hans Georg Junesch als Repräsentant der gesamten Pfarrerschaft.

Brita und Jürg Falch-Leutert sorgten für die musikalische Untermalung, die auch in diesem Jahr eine Vertonung der Jahreslosung ("Ich glaube; hilf meinem Unglauben!" / Markus 9,24) beinhaltete. Hauptanwalt Friedrich Gunesch moderierte die Veranstaltung. In den Reden gingen die Gäste vor allem auf die wichtigen Ereignisse des vergangenen Jahres sowie auf die künftigen Herausforderungen im Lichte des vom Landeskonsistorium ausgerufenen Jahresthemas "Grenzen überwinden" ein.

Hier dürfen wir den Text der Rede des Landeskirchenkurators veröffentlichen:

Hochwürdiger Herr Bischof, verehrte Gäste,

Das Jahr 2019, auf das wir jetzt zurückblicken können, hatte für unsere Kirche mehrere Höhepunkte: Wir hatten seit vielen Jahren wieder einmal zwei Landeskirchenversammlungen, die wichtige Ordnungen verabschiedet haben. So konnte die 87. Landeskirchenversammlung am 29.06.2019 die Wahlvorschrift unserer Kirche novellieren und eine Ordnung für Diakoninnen und Diakone herausgeben. Und die 88. Landeskirchenversammlung am 16.11.2019 hat dann die Änderung der Agende für die Hauptgottesdienste und die Ordnung für die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Kirche beschlossen. War es doch das Jahr des Ehrenamtes, in dem auch sonst in vielfältiger Weise diese unverzichtbaren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewürdigt wurden. So auch bei der gemeinsam mit dem Siebenbürgenforum vergebenen Honterusmedaille an Lektorin Ortrun Morgen und Kurator Johann Schaas.

Für uns Hermannstädter gab es auch politische Höhepunkte: so das Treffen der Europäischen Staats- und Regierungschefs in Hermannstadt mit dem Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Staatspräsident Klaus Johannis im Forum am 9.05.2019, aber auch die Begegnung unseres Bischofs mit Papst Franziskus bei dessen Abflug vom Hermannstädter Flughafen am 2.06.2019.  Am 19.12.2019 empfing dann Staatspräsident Klaus Johannis unsere Kirchenleitung zu einem Gespräch im Schloss Cotroceni in Bukarest.

Auch im vergangenen Jahr ist in unserer Kirche viel für den Erhalt des wertvollen Kulturgutes getan worden. Manche Arbeiten konnten unsere Gemeinden in Eigeninitiative und mit eigenen Mitteln durchführen (z.B. in Honigberg), andere wurden durch die Stiftung Kirchenburgen aber auch durch manche HOG tatkräftig unterstützt. Ebenso sind mehrere EU-Projekte zur Renovierung von Kirchen oder Kirchenburgen angelaufen, beziehungsweise in Arbeit. So in Hermannstadt (in Eigenregie), Bistritz (über das Bürgermeisteramt) oder Keisd, Heltau, Reps und Agnetheln. Und mehrere andere EU-Projekte sind in verschiedenen Phasen ihrer Durchführung. Über diesen hält die Kanzlei des Landeskonsistoriums ihre schützende Hand, ohne deren Beratung, Vermittlung, Arbeit und Mittel diese Projekte nicht durchgeführt werden könnten. All denen, die an diesen wichtigen Arbeiten beteiligt sind, sei ein großes Dankeschön ausgesprochen!

Leider gab es in diesem Bereich auch Rückschläge, wie den Einsturz eines Teils der Ringmauer der Kirchenburg in Draas oder den Diebstahl der Orgelpfeifen des Prospektes der aufwändig renovierten Orgel in Stolzenburg. Und die Statik der Kirche in Törnen macht uns auch große Sorgen.

Auf der Internetseite unserer Kirche lesen wir in dem Vorspann zu einem Reisebericht in die Ukraine und nach Slovenien:

„In den letzten Jahren spricht die Evangelische Kirche A.B. in Rumänien (EKR) immer wieder davon, dass sie sich von einer Volkskirche zu einer Diasporakirche gewandelt hat. Aber wo wird das sichtbar? Nur an den kleinen Mitgliederzahlen? Das wäre zu wenig, denn es muss sich auch etwas im Selbstverständnis ändern. Und das Selbstverständnis ist noch immer sehr deutsch geprägt, da es durch die gemeinsame Sprache und die vielen Verwandtschaften relativ einfach ist, in den Gliedkirchen der EKD sichtbar zu sein und gehört zu werden. Doch damit wird der Status als – kleingewordene – Volkskirche – lediglich weiter geführt. Weit schwerer ist es, sich als lutherische Minderheitskirche zu definieren und sich auf ein Leben in Mittel- und Osteuropa einzulassen.“

Auf ein Leben in Mittel- und Osteuropa hat sich unsere Kirche schon seit ihrer Gründung in Folge der Reformation eingelassen. Und solange es eine deutsche Minderheit gibt, darf diese wohl ihr deutsch geprägtes Selbstverständnis als ihr Proprium auch in ihrer lutherischen Kirche leben.

Wir müssen nicht bis nach Luxemburg gehen: auch auf dem Hermannstädter Zentralfriedhof steht auf dem Grabstein der Familie eines meiner Vorgänger im Amt (Arz von Straussenburg):  Mer walle bleiwen wat mer sen, Gott half es ezt uch engden ...

Und als klein gewordene Volkskirche sind wir ja mit 11541 Gemeindegliedern (am 30.06.2019, davon 604 im Sonderstatus) schon eine lutherische Minderheitskirche.

Die extreme Diasporasituation ist auch daran erkennbar, dass von unseren 233 Kirchengemeinden 132 Kirchengemeinden weniger als 20 Mitglieder haben (davon 18 Kirchengemeinden mit einer und 46 Kirchengemeinden mit zwei bis fünf Seelen). In den 99 Kirchengemeinden, die zwischen 1 und 10 Mitglieder haben, leben aber immerhin 434 Gemeindemitglieder.

Diese weit verstreuten, kleinen Gemeinschaften seelsorgerlich zu betreuen ist eine enorme Herausforderung und es sei allen denen gedankt, die sich darum bemühen! Soweit das möglich ist, werden Zubringerdienste zu den Gottesdiensten in den Nachbargemeinden organisiert (so dass z.B. im Kirchenbezirk Mediasch die Gottesdienste über mehrere Monate vorher bekannt sind). Aber es können  trotzdem viele dieser vereinzelt lebenden Gemeindeglieder nicht erreicht werden. Dabei freuen sie sich über jeden Besuch, mit dem sie wieder einmal in ihrer Muttersprache sprechen können. Die Grenze (und nicht nur die Hattertgrenze) zu ihnen zu überschreiten und sie nicht allein zu lassen, ist für uns alle eine bleibende Aufgabe!

Es ist nicht immer leicht vom Zentrum unserer Kirche in Hermannstadt aus, diese Situation zu übersehen: wir sind hier in der glücklichen Lage immer wieder an Veranstaltungen oder Empfängen teilzunehmen, an denen viele Gleichgesinnte zusammen kommen. Oder einen Gottesdienst am Altjahresabend zu feiern, in welchem unser Herr Bischof predigt und drei Pfarrer und zwei Vikarinnen sowie drei ehemalige Stadtpfarrer daran teilnehmen. Während in der Diaspora manche Kleinstgemeinden zum Teil seit Jahren keinen Gottesdienst mehr haben. Und es kann vorkommen, dass sie den ihnen wieder einmal angebotenen Gottesdienst wieder absagen, weil auch da die Verweltlichung bei den etwas jüngeren Gemeindegliedern sich bemerkbar macht oder manche bei anderen Glaubensgemeinschaften Aufnahme finden, die regelmäßig Gottesdienst feiern.
Und doch gibt es immer wieder Beispiele von klein gewordenen Gemeinden, die nicht aufgeben wollen.

Zum Beispiel Lugosch (wo der Kurator an drei Sonntagen im Monat als Lektor die Gottesdienste hält, auch wenn sie nur von fünf bis sieben Gemeindegliedern besucht werden. Wo er im vergangenen Jahr die Außenrenovierung des als Kirche und Pfarrhaus dienenden Hauses durchführen konnte und auch noch an ökumenischen Treffen vor Ort teilnimmt).

Oder die kleine Gemeinde in Râmnicu Vâlcea, die seit Jahren ihre Kirche und ihr Pfarrhaus in Stand hält, die Kirche auch anderen Konfessionen öffnet und sie nicht gerne verkaufen möchte, weil sie zu ihrer Identität gehört.

Oder in Nadesch, wo die tüchtige Kuratorin zu den vergangenen Weihnachten eine dreisprachige Weihnachtsfeier in der großen Kirche organisiert hat, mit Gedichtvorträgen von Kindern und Liedern, die der zuständige Pfarrer auf der Gitarre begleitete, da die Orgel durch Deckeneinsturz verloren ging. 
Diesen allen zu erklären, dass sie ihr Selbstverständnis ändern sollten, dürfte auf Unverständnis stoßen!

In den Kirchlichen Blättern vom November 2019 lesen wir: „Wer in den zunehmend länger dauernden Sommern die Dörfer besucht, stößt immer öfter auf aktives Gemeindeleben. Wenn auch viele die Wintermonate in der Fremde verbringen – oft gewinnt man den Eindruck, es nicht (mehr) mit „Sommersachsen“, sondern immer öfter mit „Winterbundesdeutschen“ zu tun zu haben. Dazu kommen auch Neuzuwanderer. – Es scheint, wir wachsen doch! Sind wir auch bereit dazu?“

Zu dieser Beobachtung gehören auch die im vergangenen Jahr hier in Siebenbürgen von den Heimatortsgemeinschaften gefeierten Heimattreffen, zu denen immer auch ein Gottesdienst und auch andere kirchliche Handlungen gehören. 2019 gab es 82 HOG-Treffen, von denen 17 hier in Siebenbürgen gefeiert wurden (Urwegen, Nussbach, Schlatt, Kirtsch, Frauendorf, Bulkesch, Holzmengen, Bekokten, Rode, Grossau, Burgberg, Neppendorf, Seligstadt, Großpold, Kleinalisch, Waldhütten, Bistritz/Nordsiebenbürgen). 

An alle diese uns rechtzeitig bekannten Treffen ging von der Kirchenleitung ein Grußwort, das unsere weitere Verbundenheit mit den HOG-s zum Ausdruck bringt.
Eines dieser Heimattreffen wurde in Holzmengen zum 700-jährigen Bestehen des Ortes gefeiert. Es war ein sehr gelungenes Fest, zu dem die Holzmengener HOG mit einem eigenen Chor angereist war. Dabei entstand eine richtige Aufbruchstimmung. Der HOG-Vorstand hat sich anschließend auch über die Möglichkeiten der Zweitmitgliedschaft seiner Mitglieder in der Kirchengemeinde Holzmengen erkundigt, um sich auch weiter aktiv in der Gemeinde einbringen zu können. Es bleibt zu hoffen, dass ihm dabei keine weiteren Stolpersteine in den Weg geräumt werden, die nicht dem Erlass und den diesbezüglichen Durchführungsbestimmungen des Landeskonsistoriums (LKZ 387 /2014) zur Mitgliedschaft von Ausländern in unserer Kirche entsprechen!   Es sollte ihnen vor allem gezeigt werden, dass man sie gerne wieder aufnimmt.

Aufbruchsstimmung herrscht auch in der HOG Keisd! Da wird in dem Sonderheft 2019 des Keisder Heimatblattes unter dem Motto „Zusammenarbeit für die Zukunft“ das Projekt „Kultur- und Begegnungsstätte Keisd“  als „Zufluchtsort für die Keisder Seele“ vorgestellt. Und der Kurator der Kirchengemeinde  Keisd, Johann Schaaser, schreibt dazu: „Wir wollen unserer Existenz einen neuen Sinn geben.“ Und: „Ich will nicht zu derjenigen Generation gehören, die sagt: „Lass es fallen“. Das ist nicht unser Geist!“ Zu diesem großen Vorhaben wünschen wir allen Keisdern gutes Gelingen und Gottes Segen dazu!

Hochwürdiger Herr Bischof, ich bedanke mich bei Ihnen  im Namen des Landeskonsistoriums und aller Kuratoren für Ihren unermüdlichen Einsatz für unsere Kirche im abgelaufenen Jahr!

Diesen Dank und gute Wünsche darf ich auch von mehreren Kuratorinnen und Kuratoren weitergeben, mit denen ich in den letzten Tagen wieder einmal gesprochen habe: Kurator Johann Schaas (Reichesdorf), Kuratorin Friederike Pal (Großschenk), Kurator Petrus Kirschner (Taterloch), Kurator Andreas Morgen und Lektorin Ortrun Morgen (Schweischer), Kuratorin Corina Derla (Suceava), Kurator Friedrich Zickeli (Bulkesch), Kuratorin Ingeborg Petru (Arbegen), Kuratorin Johanna Hartmann (Martinsdorf), Kuratorin Katharina Eiwen-Teodorescu (Nadesch), Kurator und Lektor Rudolf Trost (Lugosch), Kuratorin Erika Pretorian (Râmnicu Vâlcea), Kuratorin Rosi Müller (Alzen), Altkuratorin Regina Roth (Irmesch), Thomas Kuales (Câmpulung Moldovenesc).

Auch im Namen aller Mitarbeiter dieses Hauses und der anderen Einrichtungen unserer Kirche in Hermannstadt, Michelsberg, Wolkendorf und Schweischer wünsche ich Ihnen und Ihrer Familie ein gesundes und gesegnetes Neues Jahr 2020!

Prof. Friedrich Philippi, Landeskirchenkurator