„Wir werden befreit singen!“


Pfr. Nick Fernolendt (Foto: zVg)

Einen herzlichen Gruß am Sonntag „Kantate“ und zum Beginn der fünften Woche nach Ostern. Heute – zugleich der Muttertag - begleitet uns durch den Tag die Aufforderung zum Singen. Dazu bringen wir Euch die Predigtgedanken von Pfarrer Nick Fernolendt aus Broos. Wir tun es im Namen Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.

Lasst uns zu Beginn mit allen Betern dieser Welt einstimmen in die Worte des Psalms 98!

Singet dem HERRN ein neues Lied, denn er tut Wunder. Er schafft Heil mit seiner Rechten und mit seinem heiligen Arm. Der HERR lässt sein Heil verkündigen; vor den Völkern macht er seine Gerechtigkeit offenbar. Er gedenkt an seine Gnade und Treue für das Haus Israel, aller Welt Enden sehen das Heil unsres Gottes. Jauchzet dem HERRN, alle Welt, singet, rühmet und lobet! Lobet den HERRN mit Harfen, mit Harfen und mit Saitenspiel! Mit Trompeten und Posaunen jauchzet vor dem HERRN, dem König! Das Meer brause und was darinnen ist, der Erdkreis und die darauf wohnen. Die Ströme sollen in die Hände klatschen, und alle Berge seien fröhlich vor dem HERRN; denn er kommt, das Erdreich zu richten. Er wird den Erdkreis richten mit Gerechtigkeit und die Völker, wie es recht ist.

Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist, wie es war im Anfang jetzt und Immerdar und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

Lied:Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren!“ (EG 265)

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Das Wort der Heiligen Schrift für den Sonntag Kantate steht im Alten Testament, im 2. Buch der Chronik im 5. Kapitel:

Da versammelte Salomo alle Ältesten Israels, alle Häupter der Stämme und die Fürsten der Sippen Israels in Jerusalem, damit sie die Lade des Bundes des Herrn hinaufbrächten aus der Stadt Davids, das ist Zion. Und es versammelten sich beim König alle Männer Israels zum Fest, das im siebenten Monat ist. Und es kamen alle Ältesten Israels, und die Leviten hoben die Lade auf und brachten sie hinauf samt der Stiftshütte und allem heiligen Gerät, das in der Stiftshütte war; es brachten sie hinauf die Priester und Leviten. Aber der König Salomo und die ganze Gemeinde Israel, die bei ihm vor der Lade versammelt war, opferten Schafe und Rinder, so viel, dass es niemand zählen noch berechnen konnte. So brachten die Priester die Lade des Bundes des Herrn an ihre Stätte, in den innersten Raum des Hauses, in das Allerheiligste, unter die Flügel der Cherubim, dass die Cherubim ihre Flügel ausbreiteten über die Stätte der Lade. Und die Cherubim bedeckten die Lade und ihre Stangen von oben her. Die Stangen aber waren so lang, dass man ihre Enden vor dem Allerheiligsten sah, aber von außen sah man sie nicht. Und sie war dort bis auf diesen Tag. Und es war nichts in der Lade außer den zwei Tafeln, die Mose am Horeb hineingelegt hatte, die Tafeln des Bundes, den der Herr mit Israel geschlossen hatte, als sie aus Ägypten zogen. Und die Priester gingen heraus aus dem Heiligtum – denn alle Priester, die sich eingefunden hatten, hatten sich geheiligt, ohne dass man auf die Abteilungen geachtet hätte –, und alle Leviten, die Sänger waren, nämlich Asaf, Heman und Jedutun und ihre Söhne und Brüder, angetan mit feiner Leinwand, standen östlich vom Altar mit Zimbeln, Psaltern und Harfen und bei ihnen hundertzwanzig Priester, die mit Trompeten bliesen. Und es war, als wäre es einer, der trompetete und sänge, als hörte man eine Stimme loben und danken dem Herrn. Und als sich die Stimme der Trompeten, Zimbeln und Saitenspiele erhob und man den Herrn lobte: »Er ist gütig, und seine Barmherzigkeit währt ewig«, da wurde das Haus erfüllt mit einer Wolke, als das Haus des Herrn, sodass die Priester nicht zum Dienst hinzutreten konnten wegen der Wolke; denn die Herrlichkeit des Herrn erfüllte das Haus Gottes.“ (II. Buch der Chronik, Kapitel 5, 2-15)

Liebe Leser,

liebe Brüder und Schwestern in Christus

In der Tiefe der Menschlichkeit

„Singet dem Herrn ein neues Lied, singet dem Herrn alle Welt!“ Denn Gott hat unser Herz und Mut fröhlich gemacht durch seinen lieben Sohn, welchen er für uns gegeben hat zur Erlösung von Sünden, Tod und Teufel. Wer solches mit Ernst glaubt, der kanns nicht lassen, der muss fröhlich und mit Lust davon singen und sagen, dass es andere auch hören und herzukommen!

Diese Worte aus der Vorrede Martin Luthers zum Babstschen Gesangbuch zieren die erste Seite von unserem eigenen landeskirchlichen Gesangbuch, aus dem wir sonntäglich unsere Kirchenlieder singen. Sie stellen klar und machen uns deutlich, welchen hohen, ja geradezu unverzichtbaren Stellenwert das Singen und Musizieren für den Glauben und die Kirche haben. Denn Musik und Singen ist etwas, was zu den ursprünglichsten und natürlichsten Ausdrucksformen des Menschen gehören. Erfahrungen und Erlebnisse des menschlichen Lebens, die uns existenziell betreffen, die wir nicht nur mit dem Verstand ergreifen sondern welche auch unser Gemüt anrühren, die kleiden wir oft in Musik und Lieder. So werden seit alters her von den Barden solche Dinge besungen wie Liebe, Treue und Hingabe. Auch die Heimat, die stets mehr ist als einfach nur der Ort, an dem man geboren ist und lebt, ist gängiges Thema in Volksliedern.

Auch Christen haben Grund zum singen

Wie könnte es da anderes sein, dass auch unser christlicher Glaube seit den frühsten Tagen der Kirchengeschichte in musikalische Form gegossen wurde. Das Wissen um die Tatsache – dass im Glauben an Gott und in den Worten der Bibel das himmlische Seelenheil liegt und dass uns im Wort und Werk des Erlösers Jesus Christus der Weg ins ewige Reich Gottes aufgeschlossen wird – ist eine Wahrheit, die wir nicht nur verstandesmäßig erkennen, wie wir bspw. naturwissenschaftliche Zusammenhänge oder mathematische Formeln lernen, sondern die unser ganzes Wesen und Selbstverständnis, unser Tun und Lassen, und unsere Äußerungen betreffen und verändern. Der Christ sieht in der menschlichen Existenz mehr als nur ein pumpendes Herz und Synapsen unter der Schädeldecke, er sieht ein Kind Gottes, das Verstand und Seele besitzt und ein Geschöpf, dem der allmächtige Schöpfer selbst einen solch hohen Wert zumisst, dass er sogar „seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.“ – wie wir aus dem Evangelium nach Johannes, Kap. 3, Vers 16 erfahren. Diese Erfahrung der Bundestreue des Schöpfers zu seiner Schöpfung, die Erfahrung der Erlösung und Sündenvergebung, das Versprechen auf den Eingang in die himmlische Ewigkeit, wenn dies Erdenleben einst zu Ende geht, all diese Dinge drängen nach außen, wollen sich äußern und bezeugt werden vor der Welt in Worten und Taten. „Wer solches mit Ernst glaubt“ (wie Luther eingangs zitiert wurde) der kann es nicht in sich verschließen, denn „wem das Herz voll ist, dem geht der Mund über.“ – wie uns das Evangelium nach Matthäus im Kap. 12, Vers 34 berichtet. Singen bedeutet also, dass etwas aus unserem Innersten nach außen dringt.

Ein Psalm aus historischen Zeiten

Der Name des heutigen Sonntags Kantate, was lateinisch nichts anderes als „Singet!“ bedeutet, ruft uns genau dazu auf. Wir sollen mit unseren Liedern den Glauben bezeugen und ihn durch Gesang, durch Orgelpfeifen und durch die Liedtexte in der Welt Gestalt annehmen lassen. “Cantate Domino canticum novum quia mirabilia fecit salvavit sibi dextera eius et brachium sanctum eius.” – Lateinisch für; „Singet dem HERRN ein neues Lied, denn er tut Wunder. Er schafft Heil mit seiner Rechten und mit seinem heiligen Arm.“ So lautet die Bibelstelle aus Psalm 98, Vers 1, von der sich das Votum für den heutigen Sonntag ableitet. Und, wer weiß? Vielleicht wurde auch dieser Psalm damals gesungen, als in Jerusalem nach langer Bauzeit der berühmte Salomonische Tempel eingeweiht wurde, jenes imposante Bauwerk des Glaubens, das der weise König Salomon zu Jerusalem errichten ließ, Gott zur Ehre und dem Volk Gottes als Ort der Anbetung und Danksagung. Denn so wird es in unserem heutigen Predigttext beschrieben, dass damals Gottesdienst gefeiert wurde „mit Zimbeln, Psaltern und Harfen und […] hundertzwanzig Priester[n], die mit Trompeten bliesen.“ Und weiter haben wir gelesen, dass damals das Volk die Worte sang: „Er ist gütig, und seine Barmherzigkeit währt ewig“ und damit die Herrlichkeit Gottes bezeugte. So ist auch das Volk Gottes im Alten Testament für uns in dieser Hinsicht ein Vorbild. Wir erfahren, dass das Musizieren und Singen ein wesentlicher Teil des Gottesdienstes ist und bleibt.

Der Klang der Erlösung

Ihr Lieben, angesichts dieser Erkenntnisse über das Musizieren und Singen, auf die der heutige Sonntag Kantate unseren Blick lenkt, muss uns zwangsläufig die anhaltende Krisensituation mehr als frustrierend erscheinen. Während uns der Predigttext und das Motto des heutigen Sonntags dazu aufrufen und ermuntern, gemeinsam zum Lobe Gottes zu singen und zu musizieren, macht es uns die gegenwärtige Corona-Pandemie schwer dieser Aufforderung zu entsprechen. In vielen Fällen müssen unsere Kirchen und Orgeln stumm bleiben und auch die zahlreichen Online-Angebote sind lediglich Rumpflösungen, die einfach nicht dasselbe Maß an (nicht nur musikalischer) Partizipation bieten können, wie ein regulärer Gottesdienst. Wie gerne würden wir wieder einen Gottesdienst feiern können, wie er uns im Predigttext beschrieben wird – in einer vollbesetzten Kirche und unter dem Donnerhall einer  gewaltigen Orgel, die ein Meer von singenden Gemeindegliedern begleitet, sodass jedem Einzelnen die Präsenz des Schöpfers selbst klangvoll bewusst wird, so wie in Jerusalem im Tempel die Herrlichkeit des Herrn der singenden Gemeinde vor Augen trat. Danach sehnen wir uns.

„Singet dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder“ – so heißt es im Psalm 98, der dem heutigen Sonntag seinen Namen gibt. Dass Gott der Herr ein Wunder tun möge, dass er diese Gesundheitskrise zu einem guten Ende für jedermann führen möge und dass er so die Voraussetzung schaffen möge, dass wir wieder zusammenkommen und ihm ein neues Lied singen können, dafür wollen wir bitten und beten und darauf wollen wir vertrauen mit ganzer Seele, ganzem Herzen und ganzem Gemüt. Der Gott „der Lasten auf uns legt, doch uns mit unseren Lasten trägt“ (Liedtext von Matthias Jorissen, EGB Nr. 204), der wird uns auch durch diese Krise hindurch- und hinausführen. Das soll unser Vertrauen und unsere Hoffnung sein. Und wenn der letzte Tag der Krise einmal verstrichen ist und wir uns wieder frei von Quarantäne und Isolation versammeln können, in unseren Kirchen und Gemeindehäusern, dann wollen wir auch wieder mit unseren Stimmen und Liedern die Botschaft bekennen, die das Volk Gottes mit seinen Liedern bezeugt hat an jenem Tage der Einweihung des Salomonischen Tempels, als die Herrlichkeit Gottes selbst in ihre Mitte herabkam; „Er ist gütig, und seine Barmherzigkeit währt ewig.“

Amen.

Lied:Singet dem Herrn ein neues Lied“ (EG 469)

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Folgende Abkündigung wollen wir der Online-Gemeinde bekannt geben: Zum Sonntag Kantate unterstützen alle Kirchengemeinden in besonderer Weise die Kirchenmusik. Heuer sammeln wir für die Wiederherstellung der Orgel in Niedereidisch. Darüber informiert uns der landeskirchliche Musikwart aus Hermannstadt: 

https://www.youtube.com/watch?v=oo_mnIHOk0c&feature=youtu.be

Und nun lasst uns aus vollem Herzen Gott anrufen!

Herr Gott himmlischer Vater, Dich wollen wir loben und preisen, Dir wollen wir singen in Zeiten der Krise und nach Ende der Krise! Wir sehnen uns nach menschlichen Begegnungen und nach dem miteinander in den Gottesdiensten. Erfülle uns das Sehnen, dass wir am letzten Tag dieser Krise in das gewaltige Lied der Befreiung mit einstimmen. Wir bitten Dich aber besonders auch für unsere Mütter. Segne und behüte sie in Zeit und Ewigkeit durch Deinen lieben Sohn Jesus Christus, der mit Dir und dem Heiligen Geiste lebt und regiert in Ewigkeit.

Vaterunser …

Wir stellen uns zum Abschied gemeinsam unter den Segen Gottes

Es segne uns und unsere Lieder, Gott der allmächtige und barmherzige, Vater Sohn und Heiliger Geist.

Amen.